Mittelbayerische Zeitung: Denkmalsturzgefahr Kommentar zu Berlusconi

Wer seine Hausmacht verliert, dessen Tage sind
gezählt, ob früher oder später. Der Verlust seiner Heimatstadt
Mailand bei den Kommunalwahlen ist deshalb eine Katastrophe für
Silvio Berlusconi. Zum einen persönlich: Hier wurde er geboren, hier
hat er zunächst als Bau- dann als Medienunternehmer sein
Firmenimperium aufgebaut und eben von Mailand aus mit seiner Partei
„Forza Italia“ die italienische Politik erobert. Doch vor allem
politisch: Berlusconi hatte vor der Wahl diese selbst zur Abstimmung
über seine Politik erklärt – so sicher fühlte er sich. Doch der
Instinkt ist ihm offensichtlich verlorengegangen: Seine extremen
populistischen Attacken der letzten Tage gegen vermeintlich
kommunistische Richter – vor denen er sich in vier Verfahren zu
verantworten hat – und die Verunglimpfung des politischen Gegners
haben beim Wähler nicht mehr gezündet. Und, am schlimmsten für den
„Cavaliere“: Mit Mailand hat ihm eine der bedeutendsten
Wirtschaftsregionen Europas den Rücken gekehrt. Hier lebt Berlusconis
Ur-Klientel, jene die hofften, dass Italiens erfolgreichster
Medienunternehmer auch ein guter Politiker sein könnte. An diese
Gleichung glauben die Mailänder offenbar nicht mehr. Unverhohlen
schimpfte zuletzt der bislang stets Berlusconi-nahe italienische
Unternehmerverband, die Regierung in Rom bringe Italien nicht mehr
weiter, da sie mit „anderem“ beschäftigt sei – ein Seitenhieb auf
Berlusconi: Tatsächlich sorgt dieser sich weniger weniger um schwache
Wachstumsraten, schlechte Wettbewerbsfähigkeit und die hohe
Jugendarbeitslosigkeit, als darum, Gesetze zu schaffen, die ihn von
Prozessen befreien. Schon oft wurde Berlusconis politisches Ende
verkündet, er hat alle Skandale und Niederlagen geduldig überstanden
und kam immer zurück. Schon deshalb wird die Niederlage in Mailand
nicht die Regierung in Rom zum Einsturz bringen. Doch sie dürfte die
Suche eines Nachfolgers für die Parlamentswahlen im Jahr 2013
beschleunigen, sowie das Nachdenken darüber, was mit Silvio
Berlusconi selbst passiert.

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