Mittelbayerische Zeitung: Der Bock als Gärtner / Kommentar zur neuen EU-Kommission

Die kleinen Länder beaufsichtigen die großen –
dagegen wäre nichts zu sagen, wenn der neue Kommissionspräsident
dieses Prinzip konsequent durchgehalten hätte. Doch er hat Frankreich
das mächtige Währungsressort zugeschanzt und die Briten ausgerechnet
mit den Finanzdienstleistungen betraut – das ist, als würde man den
Kanarienvogel bei der Katze in Obhut geben. Junckers Kalkül ist es,
dass Franzosen und Briten unangenehme Wahrheiten künftig von ihren
Landsleuten Moscovici und Hill serviert bekommen und sie dann
leichter schlucken. Aus der gleichen Logik heraus hätte man Günther
Oettinger mit Handel oder Wettbewerb betrauen können. Der alte und
neue deutsche Kommissar scheint sich aber gegenüber Briten und
Franzosen nicht benachteiligt zu fühlen. Der Schwabe hat in den
vergangenen fünf Jahren gezeigt, dass er sachbezogen arbeitet und
sich schnell in neue Themen einarbeiten kann. Höhere Weihen zu einem
späteren Zeitpunkt sind zudem nicht ausgeschlossen. Jean-Claude
Juncker hat angekündigt, jeden Kommissar sofort auszutauschen, der
das Interesse seines Heimatlandes über das Gemeinwohl stellt. Da wird
– bei schlechter Führung von Moscovici oder Hill – vielleicht noch
ein attraktiver Posten frei.

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