Mittelbayerische Zeitung: Der Preis für den Geiz

Von Stefan Stark

Ein Suppenhuhn für 1,50 Euro, der Liter Milch, der billiger ist
als eine Flasche Mineralwasser, ein Kilo Fleisch, das weniger kostet
als Tomaten: Viele Verbraucher tun bei Lebensmitteln etwas, das in
anderen Konsumbereichen für sie tabu wäre. Sie greifen bedenkenlos
zu, ohne zu fragen, ob hier alles mit rechten Dingen zugeht. Bei
einem Hightech-Fernseher, der „gefühlt“ 1000 Euro kosten müsste und
plötzlich für einen Hunderter über die Ladentheke geht, würden sich
wohl alle fragen, wo der Haken ist. Beim Essen ist dagegen der Geiz
König. Ausgerechnet im Land der Fernsehköche versetzen
Lebensmittel-Sonderangebote viele Verbraucher in einen Kaufrausch.
Natürlich müssen nicht automatisch alle günstigen Produkte schlecht
sein. Doch die Liste der Lebensmittelskandale, die inzwischen auf
keine Kuhhaut mehr passt, wäre ohne den brutalen Preisdruck um einige
Posten kürzer. Denn genau dieser Druck bringt Produzenten in
Zuchtfabriken dazu, mit Hormon- oder Arzneidoping das letzte aus den
Tieren herauszuholen. Und er verführt Landwirte, auf dem Acker die
Chemo-Keule zu schwingen. Zumindest in Spuren landet das Gift dann
oft auf unserem Teller. Einem Großteil der Konsumenten ist das Gefühl
für den Wert von hochwertiger Nahrung abhandengekommen. Und viele
haben sich an das tägliche Stück Fleisch gewöhnt, weil sie es gar
nicht anders kennen. Manche Kinder bringen das Steak nicht mehr mit
einem Tier in Verbindung, weil sie glauben, es kommt aus der
Ladentheke. Andere kennen bestimmte Gemüsesorten nicht. Deshalb
sollte schon im Kindergarten Ernährung unterrichtet werden. Sonst
kann die Industrie der nächsten Generation künftig alles auftischen.

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