von Reinhard Zweigler, MZ
Mit 7000 weißen Ballons ist die Berliner Mauer gestern Abend in
den Himmel über der einst geteilten Stadt entschwebt. Zum Jubiläum
der Maueröffnung vor 25 Jahren gab es Feste nicht nur in Berlin,
sondern auch in Helmstedt, Mödlareuth oder Vacha, oder wo sonst das
hässlichste Bauwerk der Welt das Land zerschnitten hatte. Die Feiern
der vergangenen Tage ließen wieder etwas aufleben von jener
ungläubigen Glückseligkeit, die am 9. November 1989 das geteilte
Deutschland erfasste. Trotz aller Steine, die noch auf dem Weg zu
wirklicher Einheit liegen, auf das, was im vergangenen
Vierteljahrhundert in Deutschland geleistet worden ist, können wir
alle stolz sein. Die Deutschen haben sich des unerwarteten Geschenks
der Einheit würdig erwiesen. Die Öffnung der Mauer, die von mutigen
Ostdeutschen erzwungen wurde, wäre aber nicht möglich gewesen, wenn
sich der Wind aus Moskau nicht in Richtung Veränderung gedreht hätte.
Es war Michail Gorbatschow, der mit Perestroika und Glasnost, mit dem
Umbau des verkrusteten kommunistischen Systems, die friedliche
Revolution in der damaligen DDR und die Veränderungen im einstigen
Ostblock überhaupt erst möglich machte. Gestern in Berlin gefeiert,
wird er dafür im heutigen Russland angefeindet. Zar Putin hätte, wenn
er damals an der Macht gewesen wäre, wohl keinen seiner
Satellitenstaaten gehen lassen. Mauern und Stacheldraht, die Europa
in der Zeit des kalten Krieges in Ost und West trennten, sind
verschwunden. Doch die Mahnung über die einstigen Grenzstreifen
bleibt bestehen: Das gemeinsame Haus Europa, zu dem Gorbatschow einst
mahnte, ist noch nicht entstanden. Es wird viel Kraft kosten, die
Europäische Union zusammen zu halten und weiter voran zu bringen. Das
künftige Gewicht und Ansehen Europas in der Welt wird jedoch auch
davon abhängen, dass der gesamte Kontinent geeint wird, zumindest
friedlich zusammen leben kann.
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