100 Tage die Matratze testen, ein Jahr lang das
Sofa ausprobieren, das neue Sommerkleid nach vier Wochen zurückgeben:
Die deutschen Kunden, könnte man meinen, sind ein Volk der
Unentschlossenen, die ein Investitionsrisiko – und sei es noch so
gering – nur dann eingehen, wenn es gar keines ist. Im Onlinehandel
mag das sinnvoll sein. Die großzügigen Rückgaberegelungen der
Onlinekonkurrenz setzten allerdings zunehmend auch den stationären
Handel unter Druck. Und das, obwohl sich dieser in vielen Fällen ja
eigentlich gerade dadurch auszeichnet, dass die Ware hier schon vor
dem Kauf betrachtet und getestet, an- und ausprobiert werden kann.
Die Kehrseite der Kundenfreundlichkeit: Eine Matratze kann nach 100
Tagen Probeschlaf häufig nur noch als B-Ware verkauft werden, das
zwölf Monate lang getestete Sofa taugt vielleicht noch als großzügige
Spende. Kundenfreundlichste Rückgaberegeln sind nur da
wirtschaftlich, wo sie Kunden zum Spontankauf verleiten, die ihr
Recht auf Retoure dann gar nicht in Anspruch nehmen. Und dort, wo ein
gewisser Prozentsatz Ausschuss nicht weiter ins Gewicht fällt, weil
die Produktionskosten ohnehin niedrig sind. Den Preis für die
Wahlfreiheit der Verbraucher zahlen in diesem Fall allerdings meist
die Arbeiter in den Produktionsstätten. Und damit einmal mehr
diejenigen, die keine Wahl haben.
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