Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Fall von Steve Bannon, Autor: Thomas Spang

Das Jahr fing nicht gut an für Donald Trump.
Statt Lorbeeren für seinen Coup mit der Steuerreform zu ernten,
zerriss sich Washington das Maul über einen debilen Politclown, der
schon zur Kinderstunde Cheeseburger im Bett mampft. Michael Wolff
hatte in „Fire and Fury“ den Vorhang zurückgezogen und den Blick
freigelegt auf das, was jeder wissen konnte, der die vergangenen zwei
Jahren nicht auf einem anderen Planeten lebte. Die Supermacht USA
wird von einem überforderten Präsidenten regiert, der von einer Schar
aus Speichelleckern, Hofnarren und Ehrgeizlingen umgeben ist. Die
müssen das Hohelied auf den geliebten Führer singen, der Loyalität zu
seiner Person zum wichtigsten Kriterium für höhere Weihen gemacht
hat. Steve Bannon verdankte seinen rasanten Aufstieg vom
Chefredakteur einer rechten Agitations-Plattform zum
„zweitmächtigsten Mann“ der Welt dieser Tugend. Trump hatte ihn mit
dem Job des gleichberechtigten Chefstrategen belohnt, weil Bannon ihn
zum Wahlsieg verhalf und ihn glauben ließ, der von Amerika ersehnte
Retter zu sein. Es war wie eine Hochzeit im Chauvinisten-Himmel.
Bannon artikulierte in geschliffenen Worten, was Trump selber nur
herauspoltern konnte. Der rechte Polit-Provokateur Kampfjacke
lieferte den ideologischen Kontext zu dem Macher, der weder liest,
noch Interesse daran hat zu erklären, was er tut. Gemeinsam würde das
Paar den Sumpf trocken legen, Amerika über alles stellen und die USA
und ihren Führer in neuem Glanz erstrahlen lassen. Der brutale
Absturz Bannons speist sich aus derselben Quelle. Den ersten Schuss
vor den Bug erhielt er, als Time-Magazin nicht Trump, sondern ihn zur
Titelgeschichte machte. Warum er das Weiße Haus im August verließ,
bleibt Gegenstand von Spekulationen. Der tief gekränkte Präsident
behauptet heute, Bannon habe Tränen in den Augen gehabt, als er ihn
feuerte. Der zu Breitbart zurückgekehrte Chefredakteur verkaufte den
Abgang dagegen als Befreiung, die ihm erlaubte, die Republikaner von
den letzten Trump-Blockierern im Kongress zu säubern. Bei den
Senats-Wahlen in Alabama verkalkulierte er sich und blamierte Trump,
der sich einmal mehr auf seinen Vordenker verlassen hatte. Selbst das
hätte der Narzisst im Weißen Haus seinem politischen Alter Ego noch
verziehen. Unverzeihlich war die Illoyalität gegenüber ihm und seiner
Familie. Ikarus war in seinem Übermut der Sonne zu nahe gekommen, als
er gegenüber Wolff in „Fire and Fury“ auspackte. Den Sohn mit dem
Namen des Präsidenten einen „Verräter“ zu nennen, die
Lieblingstochter als „dumm wie ein Backstein“ zu bezeichnen und Trump
selber als einen darzustellen, „der den Verstand verliert“ – das wäre
schon für stabilere Charaktere ziemlich starker Tobak gewesen. Mit
der als Abschreckung gedachten politischen Hinrichtung des zum
„Sloppy Steve“ degradierten Bannon schadet sich Trump am meisten
selber. Sein Problem besteht darin, bald niemanden mehr zu haben, der
für ihn tätig sein will. Bis auf Jared und Ivanka, Sprecherin Sarah
Sanders, seine langjährige Gehilfin Hope Hicks und Redenschreiber
Steve Miller bleibt nach einem Jahr kaum jemand mehr aus der
Kern-Mannschaft des Weißen Hauses übrig. Laut CNN haben auch
Sicherheitsberater H.R.McMaster und der Justiziar im Weißen Haus, Don
McGhan, die Nase voll. All das sollte nicht als Reifungsprozess
Trumps missverstanden werden. Der nackte Kaiser duldet bloß nicht,
wenn ihm jemand den Spiegel vorhält. Bannon mag bis auf Weiteres
erledigt sein, aber der Trumpismus lebt.

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