Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Unwort des Jahres: Besorgniserregend von Christian Kucznierz

Lügenpresse“ war das Unwort des Jahres 2014,
„Gutmensch“ war es 2015, „Volksverräter“ ist es also diesmal. Alle
drei Begriffe stammen aus dem Umfeld der AfD- und Pegida-Anhänger und
von denen, die ihre Fremdenfeindlichkeit oft nicht mehr hinter
bürgerlichen Fassaden verstecken oder gleich den Staat und seine
Institutionen ablehnen. Wer heute von „Volksverrätern“ spricht,
behauptet, Teil einer besonderen Gruppe zu sein, die entscheidet, wer
zu ihr gehört oder nicht. Die Logik ist dieselbe wie die der
„Lügenpresse“-Vorwürfe: dass es eine Wahrheit gibt, die angeblich
bedroht ist – dass es ein Volk gibt, das verraten werden kann und in
dem „Gutmenschen“ keinen Platz haben. Worte bereiten den Weg für
Gedanken. Und Gedanken formen Gesellschaften. Es ist erschreckend,
dass in Deutschland völkisches Denken Konjunktur hat, das aufgrund
unserer Geschichte überwunden sein müsste. Schade, dass es erst der
Wahl der Unworte bedarf, um uns daran erinnern.

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