Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur CSU

Die neue Machtarchitektur der CSU

von Christine Schröpf

Der Machtkampf in der CSU ist offiziell beendet. Die
Machtverhältnisse sind neu sortiert. Horst Seehofer, vor der
Bundestagswahl unangefochtener Herrscher, hat seine Kraft durch die
beschlossene Ämterteilung mindestens halbiert. Ob er sich am Ende
doch auf hohem Niveau als Parteichef stabilisiert, hängt von einem
möglichen attraktiven Ministeramt im nächsten Kabinett Merkel ab. Es
spielt auch eine Rolle, wie geschickt er bei der GroKo-Sondierung in
Berlin verhandelt und ob bei einem Scheitern der Regierungsbildung
die CSU verantwortlich zu machen ist. Denn was im Bund passiert, ist
maßgeblich für den Grundton im Landtagswahlkampf und damit für den
Erfolg 2018. Eine weitere Pleite würde die CSU nicht verzeihen.
Markus Söder ist der neue starke Mann: Läuft es für ihn schlecht, nur
bis zu einer vergeigten Landtagswahl. Er wäre dann der jüngste und
kürzeste Ministerpräsident in der Geschichte des Freistaats. Läuft es
gut, bleibt der 50-Jährige aber wohl auf lange Zeit an der Macht.
Messlatte für den Erfolg ist nicht die Verteidigung der absoluten
Mehrheit – wenn das gelänge, läge ihm die CSU zu Füßen. Es genügt in
Zeiten tektonischer Verschiebungen im Parteiengefüge schon das
Landtagswahlergebnis 2008 von 43,4 Prozent, das damals noch das Ende
der Doppelspitze Günther Beckstein und Erwin Huber bedeutete. Fatal
wäre nur, wenn Söder unter Seehofers 38,8 Prozent bei der
Bundestagswahl rutscht. Es bleibt ein Restrisiko, dass dieser Fall
eintritt. Die AfD und FDP müssten dafür in den Landtag einziehen,
kompromisslose Söder-Gegner unter den CSU-Wählern am Wahltag ihr
Kreuzerl verweigern. Um das zu verhindern, wird Söder allerdings bis
zum Wahltag mit höchstem Tempo durchs Land fegen. Die Opposition muss
darauf hoffen, dass Söder dabei möglichst viele Fehler macht. Sonst
eilt er Ihnen meilenweit davon. CSU-Vize Manfred Weber verlässt das
Schlachtfeld in der CSU leicht geschwächt. Er liebäugelte vergeblich
mit dem Parteivorsitz, hat erfolglos gegen Söder opponiert. Die
Intimfeindschaft, die beide verbindet, hat sich weiter verstärkt. Die
Landtagsfraktion fühlt sich düpiert. Teile der CSU Oberbayern und
mancher Parteifreund in Franken hat mit ihm nun eine Rechnung offen.
Man unterstellt ihm, er habe zu sehr eigene Interessen verfolgt und
sei auch treibende Kraft gewesen, als es darum ging, Innenminister
Joachim Herrmann von einer Kandidatur gegen Söder zu überzeugen.
Webers Stunde würde nur schlagen, wenn eintritt, was er nicht
ernstlich wünschen kann: Die CSU stürzt bei der Landtagswahl
tatsächlich auf das nächste historische Tief. Dann wäre definitiv
wieder neues Personal von Nöten. Zu den Gewinnern zählt der
CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt. Stünde über
kurz oder lang ein Wechsel an der Parteispitze an, wäre er der Mann,
mit dem auch Söder leben könnte, schon allein weil er nicht Weber
heißt. Solange er in Bayern nicht fest im Sattel sitzt, hat Söder
ohnehin nichts gegen eine Doppelspitze. Die Aufgaben, die er in
Bayern vor sich hat, genügen ihm. Im Steigen ist der Stern des
Oberpfälzer CSU-Chefs Albert Füracker. Er hatte als Erstes die
Neuordnung der Partei gefordert und damit einen Dammbruch ausgelöst.
Söder hat ihm mitzuverdanken, dass er nun bald Ministerpräsident ist.
Füracker handelte aus Überzeugung, agierte dabei wie immer direkt und
offen – ohne die Verschlagenheit einiger anderer Seehofer-Kritiker.
Es würde nicht überraschen, wenn Füracker vor dem nächsten Aufstieg
steht. Im Finanzministerium wird demnächst der Posten des
Ressortchefs frei. Er könnte ihn sehr gut füllen. Last but not least:
Die neue CSU-Vize-Chefin und Gesundheitsministerin Melanie Huml. Sie
ist Vertreterin einer neuen Generation Frauen in der CSU, die
unerschrocken nach der Macht greifen.

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