Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur „Diätenerhöhung für Abgeordnete“:

Und jährlich grüßt das Murmeltier. Jedes Mal,
wenn die Abgeordneten des Bundestages über ihre Diäten entscheiden,
bricht ein öffentlicher Sturm der Entrüstung los. Dabei sind rund
neuneinhalb Tausend Euro im Monat eine Größenordnung, die für
Normalverdiener jenseits jeder realen Erwartung liegt. Von Menschen,
die sich mit Minijobs oder gar den mickrigen Hartz-IV-Bezügen
durchschlagen müssen, ganz zu schweigen. Bundestagsabgeordnete
bekommen, wenn man diesen Maßstab anlegt, unverschämt viel Geld.
Hasserfüllte Neidkommentare sind ihnen also gewiss – und es gibt sie
reichlich: Das Internet ist voll davon. Allerdings regt sich im
Vergleich kaum jemand so ausdauernd über die üppigen Einkommen von
Managern, von Spitzenbeamten, Richtern, von Spitzenfußballern,
Formel-1-Piloten, Showstars und dergleichen auf. Der Wertmaßstab
dafür, ob die Diäten angemessen oder zu üppig bemessen sind, sollte
nicht nur ihre absolute Höhe, sondern vielmehr das Verhältnis zur
erbrachten Leistung sein. Und da sind Abgeordnete, die ihr Mandat
wirklich ernst nehmen, Schwerarbeiter, die spielend auf sechzig
Stunden in der Woche kommen. Und das Wochenende ist ihnen oft auch
nicht heilig. Das besondere Problem bei den Bundestagsabgeordneten
besteht nun vor allem darin, dass sie selbst über ihre Bezüge
entscheiden müssen. Abgeordnete sind gewissermaßen Arbeitgeber und
-nehmer in einer Person. Das klingt kurios, ist aber so gewollt, auch
um die Unabhängigkeit der Mandatsträger zu erreichen. Mit dieser
Unabhängigkeit ist es aber natürlich wie in allen Bereichen der
Gesellschaft: Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

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