Peinlicher und beschämender geht es für die
deutsche Bundesregierung nicht mehr: Ausgerechnet in der Frage, wie
die Welt mit einem der blutrünstigsten Tyrannen der Welt umgehen
soll, entpuppt sich die deutsche Außenpolitik als Elefant im
Porzellanladen. Der Schaden, den die Kanzlerin und ihr Außenminister
in der Libyen-Frage anrichten, ist enorm. Deutschland brüskiert seine
wichtigsten Verbündeten, isoliert sich in der UNO, und trägt kräftig
dazu bei, dass die Nato zum Club der Streithansel wird. Wer vor
kurzem noch glaubte, die Bundesrepublik könnte im Konzert der
Nationen die erste Geige spielen, dem müssen bei dieser Kakophonie
der Missklänge kalte Schauer über den Rücken laufen. Wie konnte
Angela Merkel ihr Gespür für die richtigen Töne auf dem
internationalen Parkett so sehr verlieren? Entweder liegen bei der
CDU-Chefin vor der Doppel-Wahl am kommenden Sonntag die Nervenenden
blank. Nach dem spektakulären Kehrtschwenk in der Atompolitik jetzt
bloß keine neue Baustelle mehr in der Libyen-Frage aufkommen lassen,
scheint die Devise. Das ließe nur den Schluss zu, dass in Berlin
angesichts schlechter Umfragewerte die nackte Panik regiert. Die
zweite Erklärung für die doppelbödige Haltung gegenüber Gaddafi wäre,
dass die Bundesregierung absolut unvorbereitet in die UN-Abstimmung
ging und sich der Tragweite einer Stimmenthaltung nicht bewusst war.
Das wäre ein unfassbarer diplomatischer Fehler. Wenn das zuträfe,
würden wir von Dilettanten regiert. Völlig ohne Not stieß Deutschland
mit seinem Votum bei der UNO die westliche Wertegemeinschaft vor den
Kopf. Die Bundesregierung nahm beim Libyen-Mandat die gleiche
Position ein wie Russland und China – und stellte sich gegen die
wichtigsten Partner USA, Frankreich und Großbritannien. Das hat es in
der bundesdeutschen Geschichte noch nicht gegeben. Dabei wäre es ein
Leichtes gewesen, für die Resolution zu stimmen, für die es gute
Gründe gibt. Immerhin verhindert das Flugverbot ein Massaker in
Bengasi. Im Lager der Verbündeten hätte niemand von Deutschland
erwartet, Truppen für einen Libyen-Krieg zur Verfügung zu stellen.
Aber sie hatten erwartet, dass die frühere Miss Europa nicht aus dem
eigenen Lager ausschert. Konterkariert wird der deutsche Kehrtschwenk
noch durch den faulen Handel, 300 zusätzliche Soldaten für die
Luftüberwachung nach Afghanistan zu schicken – zu einem Zeitpunkt, an
dem die Alliierten den Rückzug vom Hindukusch bereits auf Hochtouren
vorbereiten. Glaubwürdiger wäre es gewesen, die Awacs-Aufklärer der
Bundeswehr vor der libyschen Küste einzusetzen, um dort die
Verbündeten im Kampf gegen Gaddafi zu unterstützen. Das hätte kein
Wähler übel genommen. Doch damit nicht genug, zieht die Regierung
auch noch die deutschen Kriegsschiffe aus dem Mittelmeer ab, um nicht
den leisesten Verdacht zu erregen, das Waffenembargo gegen Libyen zu
unterstützen. So gibt sich Deutschland international der
Lächerlichkeit preis. Das Herumgeeiere der Bundesregierung treibt
zudem einen Keil in die Nato. Dass es in der Verteidigungsallianz
überhaupt zum Streit um die Führungsrolle beim Libyen-Einsatz kommen
konnte, ist auch ein Resultat des deutschen Herumlavierens. Hätte die
Kanzlerin von Anfang an eine klare Position bezogen, hätten sich die
Franzosen erst gar nicht zu den Herren des Verfahrens emporschwingen
können. Mit ihrer Inkonsequenz werfen Merkel und Westerwelle
außenpolitische Grundsätze aus sechs Jahrzehnten einfach über Bord.
Sie lassen die Rebellen in Libyen im Kampf gegen die Tyrannei im
Regen stehen. Und sie verraten ureigene christlich-liberale
Grundwerte wie Menschenrechte und Freiheit. Wer sich so vor der
Verantwortung duckt, stellt sich selbst ins Abseits – in der
Wählergunst und auf der Bühne der Weltpolitik.
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