Gerade erst nahmen die Nachwirkungen der
Bundestagswahl vom 22. September ihr Ende, da taucht mit dem
Jahreswechsel eine weitere Wahl am politischen Horizont auf. Es geht
um die Europawahl am 25. Mai. Wichtig? Viele würden wohl mit nein
antworten. Dabei ist das Thema Europa wichtiger denn je. Um das
essenzielle Ziel der Europäischen Union zu erreichen, nämlich die
Sicherung von Frieden und Wohlstand, muss sie vor allem endlich auch
eine politische Union werden. Zu sehr noch stehen gemeinsamer
Binnenmarkt und Währung im Vordergrund. Die EU mit ihren 28
Mitgliedsstaaten stellt aktuell rund 7,5 Prozent der Weltbevölkerung,
Tendenz sinkend. Gemeinsame politische Positionen sind daher
unerlässlich, wenn der sogenannte alte Kontinent bei den großen
Entwicklungen noch Einfluss haben möchte. Da geht es zuvorderst um
die demokratische Staatsform und ihre Grundsätze, derer sich die EU
verpflichtet hat. Gerade die digitale Revolution braucht in der
globalisierten Welt einen Rahmen, den die Europäer entscheidend
mitbestimmen sollten. Und innerhalb der EUmüssen konkrete Regelungen
für Sicherheit im IT-Bereich her. Kriminelle Energien könne sich dort
noch zu leicht entfalten. Im Vorfeld der Wahl 2014 geht es wieder um
die Akzeptanz der Europäischen Union bei ihren Bürgern. Der
Mechanismus, Europa sei an vielem schuld, was den Bürgern das Leben
schwer macht, greift noch zu oft. Bringen die europäischen
Institutionen aber tatsächlich etwas auf den Weg wie zuletzt die als
Bankenunion bezeichnete Aufsicht über die größten Geldhäuser der
Euro-Zone, wird gemeckert, dies habe ganz schön lange gedauert. Dass
sowohl diese Regulierung als auch jene der Finanzmärkte nach langen
Jahren der Schuldenkrise aber dringend notwendig war und ist, wird
niemand bestreiten. Zugegeben, der Brüsseler Beamtenapparat hat sich
durch manchen Regelungseifer in der Vergangenheit ein schlechtes
Image eingefangen. Die wirklich wichtige Frage, wozu wir Europa
brauchen, verfing sich dabei im Bürokraten-Kleinklein. Dabei ist
Europa die Chance, die großen Probleme in den Griff zu bekommen. Der
deutsche Atomausstieg etwa mag ja gut gemeint gewesen sein, doch eine
Energiewende mit der Aussicht auf Erfolg lässt sich eben nur in einer
gesamteuropäischen Klimastrategie verwirklichen. Dazu gehören
grenzüberschreitende Netze, der Umgang mit den erneuerbaren
Energieformen und eine klare Position gegenüber der Energiepolitik
Russlands. Oder das Thema Autobahnmaut: Es ist geradezu
anachronistisch, dass jedes Land in der EU einen eigenen Umgang mit
der Gebühr pflegt. Europa macht es sich in den eigenen „vier Wänden“
unbequem. Aktuell sieht die CSU vor dem Hintergrund der jetzt
ungehinderten Arbeitsplatzwahl für Rumänen und Bulgaren in
Deutschland eine Einwanderung in die Sozialsysteme und sagt schon mal
deren Missbrauch voraus. Dabei hat Kommissionsvizepräsidentin Viviane
Reding schon einen ähnlichen Vorstoß des britischen Premiers David
Cameron kühl abgeschmettert: Die Freizügigkeit, so die Luxemburgerin,
sei ein Grundrecht. Wer dagegen eine Einwanderung in die
Sozialsysteme zulasse, müsse halt seine nationalen Gesetzeslücken
schließen. Geradezu abstoßend wirken schließlich die in halb Europa
im Vormarsch befindlichen Rechtspopulisten. Der Niederländer Geert
Wilders etwa ist offen islam- und europafeindlich und wird dann
beschönigend als Europaskeptiker bezeichnet. Die etablierten Parteien
scheinen wichtigeres zu tun zu haben als sich dieser Gefahr zu
stellen. Den Rechtsaußen werden am 25. Mai bis zu 25 Prozent
zugetraut. Sind demnächst aus Straßburg und Brüssel schrille
nationale und fremdenfeindliche Töne zu hören? Es wäre wohl das Ende
aller Bemühungen um ein starkes, vereintes Europa. Verständlich, wenn
sich die Bürger dann nur noch angeekelt abwenden.
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