Die Laien und die Kirche wollen in Regensburg
gemeinsam Brücken bauen. Nutzen sie die Chance?
Trotz Papstbesuch und Bischofsweihen: So deutlich wie am heute
beginnenden Katholikentag werden die Menschen in Regensburg noch
nicht Zeugnis abgelegt haben für ihren Glauben; das heißt, einige
Tausend werden sich öffentlich und wirklich wahrnehmbar als Christen
zu erkennen geben. Das wird die eine oder den anderen mitreißen, man
wird Mut fassen, sich bekennen und geborgen fühlen im Meer jener, die
Angeboten und Themen dieser Großveranstaltung folgen. Dabei entsteht
eine Atmosphäre der Kraft; eine Kraft, die Kirche und Kirchenvolk
gleichermaßen brauchen, gerade in Deutschland. Insofern dürfen wir
auf einen Langzeiteffekt hoffen, der Gesellschaft und Kirche näher
zusammenbringt. Wie sagte doch der Münsteraner Bischof Felix Glenn
jüngst: „Wir haben auch einen gesellschaftlichen Auftrag.“ Worauf der
Oberhirte aus Westfalen anspielt, liegt auf der Hand. Gerade im
direkten Umgang mit den Menschen vor Ort braucht es neue Klarheiten.
Die von Papst Franziskus initiierte Umfrage in den Diözesen in puncto
Sexualmoral der Kirche oder der Umgang mit geschiedenen
Wiederverheirateten hat ja eine große Unzufriedenheit der sogenannten
Basis an den Tag gebracht. Die Seelsorger in den Pfarreien würden da
gern in sicherer Übereinstimmung mit kirchlichen Grundsätzen agieren
statt sich pragmatische Hilfsargumentationen zurechtzulegen. Man
hofft auf die Bischofssynode im Oktober in Rom. Geht vom Regensburger
Katholikentag ein Impuls auch in diese Richtung aus, ist das Motto
„Mit Christus Brücken bauen“ schon einmal erfüllt worden. Das
Brückenbauer-Motto für die vier Tage in Regensburg ist schon in
Ordnung, zumal die Brücke als verbindendes Element ein positives
Symbol ist. Dennoch ist es eine gleichwertige Aufgabe, das unwegsame,
ja zum Teil gar unüberwindlich erscheinende Terrain zwischen den
Brückenköpfen halbwegs begehbar zu machen. Regensburgs Bischof Rudolf
Voderholzer etwa weist auf die Probleme hin, die junge Leute mit der
Diskrepanz zwischen dem wissenschaftlich erklärten Weltenursprung und
dem Glauben an den Schöpfergott haben. Kirchenvertreter wollen da mit
vielen Podien auf dem Katholikentag Hilfe anbieten. Ein guter Ansatz,
der den Respekt vor Andersdenkenden den Vorzug gibt gegenüber dem
Kampf um die Deutungshoheit. Auch die Ökumene ist so ein Thema.
Kommen wir ein Stück voran im Bemühen, sich über das Gemeinsame zu
freuen statt das Trennende zu beklagen? Immer wieder wird betont, man
habe es hier mit einer Veranstaltung des Zentralkomitees der
Katholiken in Deutschland, also einer Laienorganisation zu tun. Das
Bistum Regensburg fungiere „nur“ als Gastgeber. Diese pedantische
Unterscheidung ist fahrlässig, denn nur in gemeinsamer Verantwortung
können die Brücken gebaut oder eben unwegsames Gelände begehbar
gemacht werden. Mit der Entscheidung von Papst Franziskus zu
Franz-Peter Tebartz-van Elst ist das Thema Limburg in Deutschland
noch nicht hinreichend aufgearbeitet, ebenso fehlt die endgültige
Antwort auf die Frage, welche Konsequenzen die Missbrauchskrise hat.
Die Chance ist da. So viele Menschen, so viele Gläubige wie jetzt in
Regensburg sind selten erreichbar. Wenn sich Laien und Kirche derart
intensiv treffen wie in diesen Tagen, geht der Blick auch wieder
zurück ins Jahr 2005, als Voderholzers Vorgänger Gerhard Ludwig
Müller mit der sogenannten Laienreform die Rechte und die
Wirkmöglichkeiten vieler engagierter Christen im Bistum Regensburg
beschnitt. Voderholzer sieht derzeit keine Notwendigkeit, den Schritt
Müllers zurückzunehmen. Warum eigentlich? Der Katholikentag wäre eine
gute Möglichkeit, mit den Laien darüber zu sprechen.
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