Von der Leyen will den Dienst attraktiver
machen. Doch sie muss auch Fragen zur Ausrüstung beantworten.
Eines muss man der neuen „Mutter der Truppe“,
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, lassen: Sie
prescht medienwirksam mit neuen Ideen nach vorn und lässt sich dabei
nicht so leicht von ihrem Kurs abbringen. Und sollte Kritik auf sie
einprasseln, stachelt das die Widerstandskraft der siebenfachen
Mutter im Ministerrang nur noch mehr an. Ob die Strahlefrau – der
einige sogar Ambitionen auf das Kanzleramt nachsagen, was von der
Leyen natürlich weit von sich weist – ihre schönen Pläne auch immer
in die Tat umsetzt, steht auf einem anderen Blatt. Seit die
Niedersächsin Chefin im Berliner Bendlerblock ist, vergeht kaum ein
Tag, an dem sie nicht etwas Neues verkündet, alte Zöpfe abschneiden,
die Truppe modernisieren will. Und in der Tat, was ist dagegen zu
sagen, wenn die Bundeswehr bessere Karrierechancen einführt, wenn die
Kasernen und Dienste familienfreundlicher gemacht werden und neue
Möbel, Kühlschränke und Großbildfernseher in die Soldatenstuben
Einzug halten? Nichts. Die Bemerkung von den „Kuschelkasernen“, die
von ihren Kritikern gestreut wird, ist gehässig und ignoriert zudem
die tristen Dienstbedingungen in der Truppe. Im Inland wie im
stressigeren Auslandseinsatz. Auf die Idee kostenloser Telefon- und
Internetverbindung in die Heimat für die Soldaten und Soldatinnen in
Afghanistan, auf dem Balkan oder sonstwo hätten schon Minister vorher
kommen können. Von der Leyens Programm zum Aufhübschen der Kasernen
ist sinnvoll und angesichts milliardenschwerer Rüstungsprojekte zudem
vergleichsweise erschwinglich. Der Ministerin vorzuwerfen, sie habe
keine Ahnung vom Militär, wie das Ex-Generalinspekteur Harald Kujat
tat, ist schon reichlich arrogant. Vielleicht ist es gerade der Blick
der Ministerin „von außen“, der jahrzehntelang kultivierte
Bundeswehr-Blindheit der militärischen wie politischen Führung heilen
kann. Allerdings, auch mit der versierten Reiterin von der Leyen an
der Spitze wird die Bundeswehr nicht zum Ponyhof. Eine Armee, die in
unwägbare Einsätze geschickt werden kann, wo es um militärische
Disziplin, Befehl, Gehorsam und Tapferkeit geht, mitunter um Leben
und Tod für unsere Sicherheit, die ist nicht zu führen wie ein
x-beliebiges Unternehmen. Es stimmt freilich, bei der Gewinnung von
militärischem Nachwuchs muss die Armee im Wettbewerb mit der
Wirtschaft bestehen. Und doch ist der Dienst in der Bundeswehr nicht
eins zu eins mit einem zivilen Job vergleichbar. Angesichts ihres
Attraktivitäts-Programms darf von der Leyen nicht die viel größeren
Baustellen aus dem Blick verlieren. Zentrale Fragen des
Einsatzprofils der Bundeswehr, der künftig notwendigen Fähigkeiten
und vor allem der dafür notwendigen Ausrüstung sind wichtiger. Auf
diesem Feld hat von der Leyen, die im engen Korsett ihres Etats
feststeckt, bislang kaum etwas geliefert. Zudem engen langfristige
milliardenschwere Rüstungsprojekte ihre Handlungsmöglichkeiten ein.
Dazu passen allerdings von der Leyens markige Worte auf der Münchner
Sicherheitskonferenz, Deutschland müsse sich international, stärker
engagieren, nicht. Zu den militärpolitischen Konsequenzen aus der
Ukraine- und Russlandkrise ist ihr auch noch nicht viel eingefallen.
Und wenn die Verbündeten aus den USA fordern, mehr Geld für die
Verteidigungsfähigkeit auszugeben, kann von der Leyen nur mit den
Schultern zucken – und lächeln.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Weitere Informationen unter:
http://