Der boomende Ökostrom treibt alte Kohle- und 
Gaskraftwerke in die roten Zahlen. Aber das war so gewollt.
   Was dem einen sin Uhl (Eule), ist dem andern sin Nachtigall, weiß 
ein niederdeutsches Sprichwort. Auch bei der Energiewende hierzulande
ist für die einen erfreulich, was andere furchtbar ärgerlich macht. 
Weil die Stromproduktion aus Sonnen- und Windkraft kräftig anzieht, 
was die Anleger in dieser Energiebranche frohlocken lässt, geraten 
zahlreiche konventionelle Kraftwerke in Schieflage. Schlicht 
gesprochen: Der Boom bei den Erneuerbaren macht Kohle-, Öl- und 
Gaskraftanlagen das Geldverdienen schwer oder sogar unmöglich. Auch 
für die auslaufende Atomkraftwerks-Flotte werden die Gewinnmargen 
mickriger. Seit Monaten schon schlagen deshalb große Stromerzeuger 
Alarm, vor allem jene mit Kraftwerken im Süden Deutschlands. Die 
Konzerne Eon, RWE oder EnBW beantragen bei der Bundesnetzagentur die 
Genehmigung zur Stilllegung oder zumindest zur zeitweisen 
Außerbetriebnahme von unprofitablen konventionellen Kraftwerken. 
Damit wollen die jahrzehntelang gehätschelten Energieunternehmen 
zuerst einmal Druck aufbauen, damit die Politik gegensteuert. Flott 
werden dabei auch Horrorszenarien von drohenden Versorgungslücken und
Blackouts entworfen, die die wirkliche Gefahr überzeichnen. Aber 
klappern gehört seit jeher zum Handwerk der Lobby-erfahrenen 
Strombranche. Das volkswirtschaftliche Problem freilich, das hinter 
den Hiobsmeldungen steckt, ist vertrackt: Einerseits sind die 
tiefgreifenden Veränderungen in der Stromerzeugung durchaus gewollt. 
Ökostrom soll zunehmend Energie aus Kohle, Gas oder Atom ersetzen. 
Andererseits ist die vielgepriesene Energiewende ohne eine Art 
Rückgrat an konventioneller Stromerzeugung nicht zu haben. Völlig 
ohne Kohle und Gas hängt die Öko-Wende beim Strom in der Luft. Das 
Problem ist vor allem deshalb so lange akut, bis ausreichend und 
zuverlässige Leitungen etwa Windstrom aus dem Norden in die 
Industrieregionen in Bayern und Baden-Württemberg leiten. Verschärft 
wird die Situation im Süden noch dadurch, dass die letzten Atommeiler
im Süden, die vor allem die sogenannte Grundlast sicherten, in 
absehbarer Zeit vom Netz gehen werden. Das treibt manchem 
Energieversorger Sorgenfalten auf die Stirn, den Stromkunden auch. 
Die Speicherung von Ökostrom steckt ebenfalls noch in den 
Kinderschuhen. Doch auch wenn die Sonne nicht scheint und der Wind 
nicht bläst, muss das Stromnetz stabil versorgen. Dafür werden 
allerdings auch flexible „konventionelle“ Kraftwerke gebraucht, die 
oft tagelang nur im „Standby“-Betrieb laufen. Eigentlich ist das 
unwirtschaftlich, aber für die Versorgungssicherheit im höchsten Maße
wichtig. Und damit sich diese Kraftwerke „zur besonderen Verwendung“ 
rechnen, müssen die Betreiber angemessen entschädigt werden. Aber 
woher soll dieser „Standby-Cent“ kommen, wenn nicht von den 
Stromkunden? Schwarz-Gelb scheut sich, diese bittere Wahrheit vor dem
22. September an die große Glocke zu hängen. Ohnehin sind die 
Stromkunden, das heißt Wähler, wegen der explodierenden 
Ökostrom-Umlage oder der gestiegenen Netzentgelte sauer.
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