Das äußere Erscheinungsbild der Münchner
Sicherheitskonferenz, die vor 50 Jahren als „Wehrkundetagung“ in
Zeiten des Kalten Krieges begann, hat sich gewaltig verändert. Doch
das wichtige Anliegen der Zusammenkunft von höchst unterschiedlichen
Politikern aus höchst unterschiedlichen Staaten, Institutionen und
Parteien ist geblieben. Die wütenden Proteste vor dem weiträumig
abgesicherten Tagungshotel „Bayerischer Hof“, die es noch vor Jahren
von Friedensaktivisten gab, sind abgeflaut. Geblieben sind die Foren,
offiziellen und internen Gesprächsrunden von Außen- und
Sicherheitspolitikern, die so wohl nirgendwo auf der Welt
zusammenkommen würden. Gäbe es das Podium der Münchner Konferenz
nicht bereits, man müsste es glatt erfinden. Die Münchner
Sicherheitskonferenz war heuer ein Treffen mit gleich mehreren
Paukenschlägen. Den ersten liefert gleich zu Beginn der deutsche
Bundespräsident. In bislang selten gehörter Offenheit forderte der
einstige DDR-Bürgerrechtler ein stärkeres Engagement Deutschlands in
der Welt. Dazu zählt Gauck auch – aber nicht zuerst und schon gar
nicht ausschließlich – militärisches Engagement. Man tut dem Pfarrer
aus dem Schloss Bellevue ganz sicher Unrecht, wenn man Joachim Gauck
eine Militarisierung der deutschen Außenpolitik unterstellt. Die
Fragen, die das Staatsoberhaupt formulierte, betreffen vielmehr
grundlegende Zukunftsthemen zur deutschen Rolle in der Welt. Das
Recht auf Wegsehen und Nichtstun, das sich jahrzehntelang aus der
besonderen deutschen Geschichte ableitete, will Gauck jedenfalls
nicht mehr gelten lassen. Damit hat er Recht, auch wenn dies in der
Konsequenz unbequem, teuer und opferreich werden dürfte. Der
Wieder-Außenminister Frank-Walter Steinmeier und die
Neu-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stießen übrigens in
das gleiche Horn. Deutschland, das sich jahrzehntelang scheute,
eigene Interessen im internationalen Kontext auch nur zu erörtern,
hat Nachholbedarf. Es wird bei der Konfliktbewältigung, aber mehr
noch bei der Verhütung von Konflikten, bei der friedlichen Gestaltung
des internationalen Zusammenlebens dringend gebraucht. Mit
Großmannssucht, erst recht mit Säbelrasseln, hat das nichts zu tun.
Doch was beispielsweise an den Ostgrenzen der Europäischen Union vor
sich geht, was sich in Afrika oder im Nahen Osten entwickelt
beziehungsweise zusammenbraut, darf Berlin nicht kaltlassen. Allein
schon deshalb, weil Opfer und Flüchtlinge von Konflikten, siehe
Syrien, bald an unsere Türen klopfen. Doch nicht einmal wie wir damit
umgehen sollen, ist in Deutschland klar. Der zweite Paukenschlag der
Münchner Tagung war zweifellos die Debatte um die Ukraine. Der wohl
wichtigste Oppositionsführer Vitali Klitschko wurde gleichsam zum
Medienstar der Konferenz. Die Attacken des russischen Außenministers
Sergej Lawrow, der dem Westen Einmischung und Förderung der
Opposition vorwirft, waren sozusagen der Gegenpol zum Auftritt des
Boxchampions, der in die Politik gewechselt ist. München hat gezeigt,
wie eng die Welt zusammengerückt ist. Und dass trotz aller Probleme
verhandeln, miteinander reden allemal besser ist, als aufeinander zu
schießen.
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