Von Reinhard Zweigler
Für die gebeutelte FDP und ihren glücklosen Philipp Rösler war
diese Woche ein ziemliches Desaster. Erst düpiert er die Kritiker des
Euro-Rettungsschirms in seiner Partei und verkündet deren Niederlage,
ehe die Mitgliederbefragung überhaupt ausgewertet worden war. Dann
ging ihm auch noch der Parteimanager Christian Lindner holterdipolter
von der Fahne. Die einst stolzen Liberalen sind ein einziger
Scherbenhaufen und es fragt sich, ob sich überhaupt noch einer
findet, um die Scherben aufzufegen. Nach Lage der Dinge muss das der
Parteichef-Azubi Rösler weiterhin selbst tun. Es gibt schlicht keinen
anderen, der sich auf diesen politischen Schleudersitz setzen mag.
Die „Boygroup“ aus Rösler, dem nordrhein-westfälischen Landeschef und
Gesundheitsminister Daniel Bahr sowie Lindner, hat sich schon nach
wenigen Monaten getrennt. Nicht stark genug, um den FDP-Karren aus
dem Dreck zu ziehen. „Leichtmatrosen“, würde Edmund Stoiber wohl
sagen. Zumindest gab es mit der knappen Niederlage der Euro-Rebellen
um Frank Schäffler oder den Alt-Liberalen Gerhard Baum im
FDP-Mitgliederentscheid kein weiteres Desaster. Der Vorstand schaffte
zwar nur eine knappe Mehrheit für den eigenen Antrag und keineswegs
einen grandiosen Sieg. Vielen FDP-Mitgliedern ging die
Entscheidungsfrage offenbar am Allerwertesten vorbei. Doch selbst der
jetzige kleine Etappensieg wird dem angeschlagenen Parteichef erst
einmal nur eine Atempause verschaffen. Nicht auszudenken, wenn die
Gegner des Euro-Stabilitätsmechanismus die Oberhand gewonnen hätten.
Dann hätte nicht nur die FDP in ihren Grundfesten gewackelt, sondern
die gesamte schwarz-gelbe Koalition gebebt. Das Berliner
Regierungsbündnis wäre, wenn Rösler ein solches Votum wirklich ernst
genommen hätte, zerbrochen. Doch alles hätte, wenn und aber zählt
nicht. Mit dünnem Vorsprung erreichte Rösler das Etappenziel. Das
zählt. Gleichwohl darf das gestrige Ergebnis nicht darüber hinweg
täuschen, dass die Malaise der FDP noch lange nicht vorbei ist. Und
dabei geht es nicht nur um die führenden Köpfe, nicht darum, ob der
kluge Parteistratege Lindner gegen den bislang nicht gerade als
Vordenker aufgefallenen Patrick Döring als Parteimanager ausgetauscht
wird. Es geht vor allem um das programmatische Profil der FDP. Und da
ist der Niedergang nicht gestoppt. Unter dem schrillen Guido
Westerwelle ist die FDP zu einem Ein-Themen-Wahlverein verkommen. Mit
der Losung, Steuersenkungen um jeden Preis, holte der damalige
Parteichef bei der Wahl 2009 ein Traumergebnis. Besoffen vom
Wahlerfolg glaubten viele Liberale offenbar, man könne die
Steuer-Illusionen auch tatsächlich umsetzen. Als sie jedoch an der
harten Realität von Euro-Krise und Haushalt zerschellten, stellte
sich Frust ein. Bei Wählern und Mitgliedern. Doch statt die Partei
inhaltlich breiter und neu auszurichten, setzte Rösler Westerwelles
Politik fort, nur eben ohne Guido an der Spitze. Zarte Versuche von
Lindner, die FDP wieder auf einen sozial-liberaleren Kurs zu
bugsieren, scheiterten. Auch der Rechtsstaats-Liberalismus von Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger blieb nicht mehr als ein Feigenblatt.
Wirklich aufgegriffen hat ihn Rösler nie. Nun hat der smarte FDP-Chef
eine Schonzeit bis zum Drei-Königstreffen in Stuttgart bekommen. Doch
in solch kurzer Zeit ist die dringend notwendige politische Häutung
der Partei nicht zu schaffen. Jubel in Stuttgart kann kein Ersatz
dafür sein, dass die FDP endlich wieder den Liberalismus in ganzer
Breite auf ihre Fahnen schreiben muss.
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