Mittelbayerische Zeitung: „Mittelbayerische Zeitung“ zu Terror:

Attentäter kennen keine Grenzen, absolute
Sicherheit gibt es nirgendwo und zu keiner Zeit. Diese Erkenntnis ist
zwar beileibe nicht neu. Aber sie wurde jedermann neuerlich vor Augen
geführt, als nach den blutigen Anschlägen von IS-Gefolgsleuten in
Paris, Brüssel, Nizza 2016 Angst und Schrecken auch Deutschland
erreichten. Nur zur Erinnerung: Fast auf den Tag genau ein Jahr ist
es her, als ein minderjähriger Flüchtling am 18. Juli in einer
Regionalbahn bei Würzburg mit einer Axt und dem Ruf „Allahu Akbar“
(„Gott ist groß“) auf Fahrgäste losging und fünf Menschen verletzte.
Nur wenige Tage danach, am 22. Juli, erschoss ein psychisch kranker
Schüler mit Migrationshintergrund am Münchner Olympia-Einkaufszentrum
bei einem Amoklauf neun Menschen und sich selbst. Und wiederum gerade
einmal zwei Tage später zündete ein Migrant aus Syrien in Ansbach
beim ersten islamistischen Selbstmordanschlag auf deutschem Boden
eine Rucksackbombe, verletzte 15 Personen und kam selbst ums Leben.
Dass durch die Attentate, die sich binnen weniger Tage abspielten,
das allgemeine Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erschüttert wurde,
ist keine Frage. Dass sich die Politik fortan viel intensiver als
vorher Gedanken machen musste, die Bürger in Deutschland besser zu
schützen, auch nicht. Beides, erhöhte Furcht vor dem Terror auf der
einen Seite und eine größere Polizeipräsenz auf der anderen Seite,
wurde beim Oktoberfest 2016 deutlich. Erstmals seit dem Jahr 2009
sank die Zahl der Wiesn-Gäste – immerhin um 300 000 gegenüber dem
Vorjahr. Und erstmals seit dem Bestehen der Wiesn griff ein neues
Zutrittskonzept: Ein Verbot von Rucksäcken und großen Taschen,
Kontrollen an den Eingängen und Sicherheitszäune entlang des bislang
offenen Hangs der Theresienwiese sollten der – wie es
Wiesn-Bürgermeister Josef Schmid, CSU, nannte – „erhöhten abstrakten
Gefahrenlage“ Rechnung tragen und gleichzeitig den Charakter des
Oktoberfests nicht verändern. Der Plan ging auf. Die Polizei sprach
hinterher von einer „sicheren Wiesn“ und lobte die Zusammenarbeit mit
den Ordnern. Für das größte Volksfest der Welt hat man heuer trotzdem
noch einmal nachgelegt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
kündigte jetzt an, dass, wie schon im Vorjahr, wieder 600 Polizisten
im Einsatz sein werden – mindestens. Denn speziell am mittleren
Wiesn-Wochenende könnten es mehr werden, weil die Sicherheitsexperten
aufgrund der dann gleichzeitig stattfindenden Bundestagswahl eine
erhöhte Gefahr sehen. Außerdem kündigte er eine optimierte
Videoüberwachung mittels hochauflösender Kameras an, den Einsatz
eines polizeiinternen Messenger-Dienstes, mit dem Fotos und Videos
von Straftätern und/oder Verdächtigen schneller übermittelt werden
können, sowie die Ausrüstung der Einsatzbeamten mit Bodycams. Wobei
Letzteres schon im Vorfeld – wohl zurecht – als Versuch bezeichnet
wird und auch nicht mehr sein kann. Denn ob sich angetrunkene
Bierzelt-Agros von den Mini-Kameras beeindrucken lassen bzw. diese im
Suff überhaupt zur Kenntnis nehmen, ist eher unwahrscheinlich.
Natürlich stellt ein Sicherheitskonzept wie dieses immer eine
Gratwanderung dar. Einerseits muss die Bedrohung durch den
islamistischen Terror ernstgenommen werden, andererseits will man die
Wiesn nicht zu einer Festung ausbauen – was aufgrund der örtlichen
Gegebenheiten auch gar nicht möglich wäre. Überhaupt, machen wir uns
nichts vor: Eine hundertprozentige Sicherheit kann es ohnehin nicht
geben – nicht auf dem Oktoberfest, nicht in München, nicht sonstwo
auf der Welt. Deshalb tun Politik, Sicherheitskräfte und Besucher gut
daran, die Wiesn auch weiterhin für Lebenslust und Weltoffenheit
stehen zu lassen. Sie muss ein Aushängeschild für bayerische
Lebensart bleiben. Auch wenn die Angst mitfeiert.

Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell