Von Maria Gruber
Vor ziemlich genau drei Monaten ließ die Internationale
Atomenergiebehörde (IAEA) offiziell verlautbaren, dass der Iran an
einer Atombombe baut, die – optimistischen Schätzungen der IAEA
zufolge – in spätestens vier Jahren fertiggestellt sein dürfte. Eine
erschreckende Wahrheit, der sich die meisten allerdings längst
bewusst gewesen sein dürften. Schon lange fühlt sich Israel vom
Atomprogramm des als unberechenbar geltenden Mullah-Regimes bedroht –
zurecht. In regelmäßigen Abständen spricht der iranische Präsident
Mahmud Ahmadinedschad dem Erzfeind Israel das Existenzrecht ab und
hat allem internationalen Druck zum Trotz in den vergangenen Wochen
sein Atomprogramm sogar vorangetrieben. Die Reaktion Israels: Vor
drei Monaten ein ziemlich lautes Nachdenken über einen militärischen
Angriff auf die iranischen Atomanlagen. Und die Rufe werden immer
lauter. „Niemand kann es sich leisten, viel länger zu warten“, sagte
der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Donnerstag
bei seiner Rede vor der proisraelischen Lobby-Organisation AIPAC in
Washington. Denn wenn es um das Überleben Israels ginge, müsse das
Land stets Herr des eigenen Schicksals bleiben. Auch die USA haben
sich inzwischen dem aus israelischer Sicht äußerst verständlichen
Säbelrasseln angeschlossen – Präsident Barack Obama gibt der
Diplomatie zwar stets den Vortritt, schließt militärische Mittel
allerdings nicht mehr gänzlich aus. Mehr als gepokert wird im
Konflikt um das iranische Atomprogramm trotzdem nicht. Denn keiner
der Akteure kann sich einen offenen Militärschlag leisten – keiner
hat ein Interesse an einer unkontrollierbaren Situation, die
Konsequenz eines Militärschlags wäre. Wenn Obama jetzt den Ton im
iranischen Atomkonflikt verschärft, ist das dem
US-Präsidentschaftswahlkampf geschuldet. Obama kann es sich
schlichtweg nicht leisten, sich mit einer zu weichen Linie dem Iran
gegenüber die pro-israelischen Wähler zu vergraulen und so direkt den
republikanischen Kontrahenten in die Hände zu spielen. Die übrigens
auch keine anderen Vorschläge als Obama zur Lösung der Krise haben –
zumindest der aussichtsreichste republikanische
Präsidentschaftskandidat Mitt Romney nicht, der nach außen hin
allerdings die Linie des US-Präsidenten scharf verurteilt. Wie
begrenzt auf der anderen Seite der Handlungsspielraum des Iran ist,
zeigt die zwischenzeitliche Drohung, die Meerenge von Hormus zu
blockieren. Das Mullah-Regime weiß: Hätte es seine Drohung wahr
gemacht, wäre im Falle eines amerikanischen Gegenschlags nicht mehr
viel von der iranischen Marine und Luftwaffe übrig geblieben.
Außerdem ist die Öl-Schlagader für das Land lebenswichtig – der Iran
ist auf die Ölausfuhren wirtschaftlich angewiesen. Das Säbelrasseln
wirkt äußerst bedrohlich, ist aber Teil einer Strategie, die den Iran
zum Einlenken zwingen soll. Und offenbar wirkt der Druck: Denn die
Islamische Republik hat sich zur Wiederaufnahme der internationalen
Atomverhandlungen bereit erklärt. Um zu verhindern, dass diese – wie
so oft schon – ins Leere laufen und zur reinen Hinhaltetaktik werden,
muss gleichzeitig der Druck erhöht werden – da, wo es dem Iran am
meisten wehtut. „Das Ölgeld ist unsere einzige Einnahme“, hat ein
Beamter im iranischen Ölministerium der „Washington Post“ vor einigen
Monaten offen gestanden. Um diesen Geldfluss zu bannen, müssten
allerdings auch Russland und China bereit sein, ihre
unverantwortliche Nichteinmischungspolitik im iranischen Atomkonflikt
endlich zu beenden.
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