Mittelbayerische Zeitung: Schulz braucht Rückhalt

Von Patricia Dudeck

Martin Schulz hätte es gerne, dass das Image des Parlaments sich
ändert: Vom ausgesperrten, zahnlosen Tiger zum Kämpfer für Demokratie
und Gemeinschaftswerte auf Augenhöhe mit Rat und Kommission. Schulz
präsentiert sich als Vorzeigeeuropäer: Er holt Ungarns Premier Viktor
Orbán heute ins Straßburger Plenum. Dort soll dieser seine Sicht auf
die Dinge schildern dürfen. Für Schulz ist das Parlament Ort der
Demokratie und der kontroversen Debatten. Er will kein bequemer
Präsident sein. Den Respekt der Mitgliedstaaten vor der
gesetzgebenden Macht in der EU will er zurückbringen, genauso wie das
verlorene Vertrauen der Bürger. All das zeugt von großen Idealen, die
ihn antreiben. Er fand stets klare Worte für seine Meinung, auch in
der direkten Debatte mit Juncker, Barroso und Van Rompuy. Doch werden
diese Worte auch künftig ohne Wirkung bleiben, wenn die
Mitgliedstaaten ihn bei den weiteren Verhandlungen zur Fiskalunion
einfach nicht in ihrem Kreise dulden. Er ist und bleibt mangels
Vertragsregeln von ihrem guten Willen abhängig. Falls sie ihn
ausschließen, wird er vor der geschlossenen Tür poltern und kann
vielleicht das Aufsehen der Medien und Bürger für sich nutzen.
Unbequeme Zeitgenossen mit Idealen haben es meistens schwer, Massen
hinter sich zu scharen. Das zeigt das Ergebnis der Wahl: 55 Prozent
der Stimmen reichen vielleicht zum Präsidentenposten. Doch für den
Konfrontationskurs braucht Schulz den Rückhalt einer stärkeren
Mehrheit des Parlaments. Dann müssen alle hinter ihm stehen und die
politische Union demonstrieren, die Europa braucht.

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