Die Misere der Energiekonzerne wird hierzulande
immer größer: RWE und Eon präsentieren dramatisch schlechte Zahlen,
Vattenfall und EnBW suchen die Flucht aus dem deutschen Strommarkt.
Unmittelbar betrifft das die Aktionäre der Stromkolosse – vor allem
aber die Mitarbeiter, die sich vor den nächsten Entlassungswellen
fürchten müssen. Am Ende trifft uns das Problem aber alle. Denn die
Quittung für den Absturz könnte der Steuerzahler bekommen. Dabei sind
die Probleme der Stromkonzerne das Ergebnis ihrer eigenen
Kurzsichtigkeit – auch wenn viele das dort nicht wahrhaben wollen.
Die dicken Profite der Vergangenheit waren auf Sand gebaut. Die
realen Folgekosten der Atomkraftwerke – die großen Gewinnbringer von
einst – waren nie auch nur ansatzweise in den Jahresabschlüssen und
Bilanzen der Konzerne abgebildet: die Kosten für die
Atommüll-Lagerung, die immensen Risiken nuklearer Störfälle. Den Boom
der erneuerbaren Energien, der Deutschland nach dem ersten
Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2000 erfasst hat, haben RWE, Eon
und Co. verschlafen. Ihre Strategie war darauf ausgelegt, kurzfristig
so hohe Profite wie möglich einzufahren und die Aktionäre glücklich
zu machen – und kaum darauf, ihr Geschäftsmodell zukunftsfest zu
machen. Diese Entwicklung an sich wäre schon negativ genug. Noch
schlimmer macht sie aber die Tatsache, dass in den Chefetagen kaum
Einsicht einzukehren scheint. Im Gegenteil: Für die Talfahrt der
Stromriesen, so die beständig hinausposaunte Botschaft, ist allein
die Politik verantwortlich, die mit ihrer blitzartigen Abschaltung
diverser Atommeiler nach dem Fukushima-GAU 2011 die Zukunft der
Konzerne zerstörte. Daraus folgern sie: Der Staat hat uns ruiniert,
jetzt muss er auch dafür bezahlen. Dass diese Logik für uns alle
richtig teuer werden könnte, hat mit der Schlamperei der Politik zu
tun. Mit mehreren Klagen versuchen die Stromkonzerne jetzt, sich
Milliardensummen, die ihnen entgangen sind, vom Steuerzahler
zurückzuholen – allein bei der Klage von Vattenfall und Eon wegen der
Abschaltung der AKW Krümmel und Brunsbüttel geht es um knapp 4,7
Milliarden Euro. Dass diese Klagen überhaupt möglich sind, liegt an
der Stümperhaftigkeit, mit der die Politik teilweise bei ihren
Panik-Abschaltungen 2011 vorgegangen ist. Ein krasses Beispiel ist
das hessische AKW Biblis. Das hatte man ohne saubere rechtliche
Grundlage vom Netz genommen, obwohl in den zuständigen Stellen klar
war, dass die Energiekonzerne dagegen würden klagen können. Das war
mindestens grob fahrlässig. Mit dem Fall beschäftigt sich inzwischen
ein Untersuchungsausschuss. Wenn die Klagen der Stromerzeuger
erfolgreich sind, haben wir es den Verantwortlichen zu verdanken,
dass wir für den hausgemachten Niedergang der Stromkonzerne mit
unserem Steuergeld bezahlen müssen. Jetzt gibt es nur zwei richtige
Konsequenzen: Zum einen muss die Politik die fatalen Fehler
schonungslos aufklären, die gemacht wurden, als man im Frühjahr 2011
die Verlängerung der AKW-Laufzeiten kassierte. Der
Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag zur Biblis-Affäre kann
nur der Anfang sein. Zum anderen gilt es jetzt, die Energiewende
konsequent umzusetzen. Populistische Störmanöver aus Bayern – wie die
Forderung von Ministerpräsident Seehofer nach Gaskraftwerken statt
Hochspannungstrassen – sind absolut fehl am Platz. Die
Bundesregierung und die Länder müssen an einem Strang ziehen, damit
die Wende hin zur nachhaltigen Energieversorgung klappt – und die
Bürger Versorgungssicherheit, die Unternehmen Planungssicherheit
haben.
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