Mittelbayerische Zeitung: Teurer Koalitionskitt

Von Maria Gruber

Was lange währt, wird endlich gut. Sagt man. Auf die von den
Koalitionsspitzen getroffenen Beschlüsse trifft dieses Sprichwort
allerdings nicht zu. Was sich Union und FDP in stundenlangen
nächtlichen Verhandlungen nun gegenseitig abgerungen haben, ist nicht
viel mehr als ein teuer erkaufter Kitt, der die in fundamentalen
Fragen zerstrittenen Koalitionspartner bis zur Bundestagswahl
zusammenhalten soll. Betreuungsgeld gegen Praxisgebühr – das dürfte
in der Nach zum Montag der einfachste Deal gewesen sein. Die größte
Enttäuschung aber ist der Beschluss zur Rente: Nicht, dass das
Konzept von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) jemals
dazu geeignet gewesen wäre, Altersarmut tatsächlich zu bekämpfen.
Dazu waren die Zugangsvoraussetzungen zur Zuschussrente –
jahrzehntelange Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung plus
private Vorsorge – zu hoch. Danach wären vor allem Geringverdiener,
die eine Aufstockung besonders nötig haben, nie in den Genuss der
Zuschussrente gekommen. Zu allem Überfluss hat sich die Koalition nun
aber auf eine Leistung verständigt, die noch höhere Hürden anlegt und
diejenigen, die etwas erhalten, mit Peanuts abspeist. Das Ganze dann
„Lebensleistungsrente“ zu nennen, grenzt an Heuchelei. Ganz zu
schweigen von der fehlenden Anerkennung der „Lebensleistung“ von
Frauen, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben. So hatten sich
Frauen-Union und Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU)
eine stärkere Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten
in der Rente gewünscht – und sind krachend gescheitert. Leider, denn
die betroffenen Frauen haben zweifellos eine „Lebensleistung“
erbracht. Sie haben Kinder groß gezogen, und später vielleicht sogar
Mutter oder Vater gepflegt. Eine eigene Berufstätigkeit ließ das
häufig nicht zu. Genau diese Frauen sind es aber, die im Rentenalter
zu wenig Geld in der Tasche haben. Und genau diese Frauen sind es,
die nun wieder leer ausgehen. Einzig positiver Aspekt des nächtlichen
Ringens um die Rente ist, dass die Mini-Zuschüsse, die gezahlt werden
sollen, nicht aus Beitragsmitteln der Rentenkasse, sondern aus
Steuermitteln finanziert werden. Das garantiert, dass die Lasten auf
breiteren Schultern verteilt werden. Grund genug, um „hocherfreut“ zu
sein, wie das Ursula von der Leyen gestern vorgab zu sein, ist das
allerdings nicht. Eine solche Mogelpackung abzuliefern kann einfach
nicht alles gewesen sein.

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