Mittelbayerische Zeitung: Trump zündelt gefährlich / Kommentar der Mittelbayerischen Zeitung, Regensburg

Der US-Präsident betreibt Außenpolitik aus dem
Bauch heraus. Er riskiert mit einem Militärschlag in Syrien eine
Eskalation des Konflikts, ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben.

Die martialischen Töne seiner morgendlichen Gewaltankündigung via
Twitter können die Planlosigkeit Trumps in Syrien nicht kaschieren.
Tatsächlich heben sie die Sprunghaftigkeit hervor, mit der der
„Amerika-Zuerst“-Präsident auf internationaler Bühne agiert. Derselbe
Mann, der vergangenen Donnerstag noch den „sofortigen“ Rückzug der
US-Truppen aus Syrien ankündigte und die 200 Millionen Dollar für die
Stabilisierung der vom „Islamischen Staat“ befreiten Gebiet strich,
droht nun damit, Bashar al-Assad eine Lektion zu erteilen. Der
Präsident denkt, er demonstriere Stärke, wenn er seinen Gegner „ein
Tier“ nennt und Russland rät, sich auf „schöne und neue und
intelligente“ Raketen auf Syrien einzustellen. Dabei bedarf
internationales Krisenmanagement mehr als ein paar markiger Sprüche
auf Twitter. Doch von einer solchen Strategie ist weit und breit
nichts zu sehen. Die „Washington Post“ hält zurecht fest, dass es mit
ein paar Raketen nicht getan sein wird. Ohne eine Idee, was danach in
Syrien passieren soll, macht ein Militärschlag wenig Sinn. Im
Gegenteil könnte Trump damit die Lunte an einem Pulverfass zünden,
das die ganze Region in Flammen aufgehen lässt. Denn Syrien ist die
Schnittstelle, an der alle Konflikte des Mittleren Ostens
zusammenlaufen. Inklusive einer möglichen Konfrontation mit Russland,
das sich als Schutzmacht Assads versteht. In dem über sieben Jahre
von einem Bürgerkrieg zerrissenen Land ringen die Hegemonial-Mächte
Türkei, Iran und Saudi Arabien um Einfluss. Es stehen sich alle
möglichen Suni- und Schia-Extremisten gegenüber. Und Israel wacht mit
Argusaugen über seine eigene Sicherheit. Auch Trumps Vorgänger im
Präsidentenamt, Barack Obama, hat sich nicht mit Ruhm bekleckert, als
er nach dem ersten Chemiewaffen-Einsatz Assads auf einen
Militärschlag verzichtete, und sich mit der – wie sich inzwischen
herausstellt – nicht vollständigen Zerstörung der Giftgasbestände
zufriedengab. Immerhin hatte Obama eine von Erfolg gekrönte Strategie
im Visier, den „Islamischen Staat“ und die von dort ausgehende
terroristische Bedrohung systematisch zu zerstören. Sich darüber
hinaus an der Maxime zu orientieren, „keine dummen Sachen zu machen“,
war im Vergleich zu der gegenwärtigen Hauruck-Politik via
Kurznachrichtendienst Twitter ein ziemlich weiser Kurs. Große
Glaubwürdigkeit genießt Trump ohnehin nicht, nachdem sich der erste
Vergeltungsschlag für den Einsatz von Chemiewaffen durch Assad vor
einem Jahr im Nachhinein als Farce herausstellte. Wenige Stunden nach
der von Kritikern als „Operation Schlagloch“ verspotteten Aktion
hoben schon wieder Flugzeuge von der bombardierten syrischen
Luftwaffenbasis ab. Assad hat das weder gemäßigt noch zum Einlenken
bewegt. Im Gegenteil verstärkte dieser mit russischer Hilfe seine
Offensive gegen seine Widersacher und kontrolliert nun wieder weite
Teile des Landes. Der Diktator sitzt heute seit Beginn des
Bürgerkriegs fester denn je im Sattel. Das ist das Ergebnis, wenn der
Präsident der Supermacht USA keine klare Strategie verfolgt und reine
Symbolpolitik betreibt. Wenn auch diesmal ein paar „Tomahawks“ alles
sind, was Trump zu bieten hat, sollte er sie besser im Köcher
behalten. Zumal er Assad unnötigerweise schon verraten hat, was er
wirklich will: Die US-Truppen so schnell wie möglich aus Syrien
abziehen. Dass Trump mit dem Militärschlag am Ende vielleicht ohne
Plan und Strategie in einem eskalierenden Konflikt hineingezogen
wird, wäre der tragische Ausgang einer nicht zu Ende gedachten
Impulshandlung.

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