Mitteldeutsche Zeitung: Bundeswehr Auslandseinsätze hinterlassen immer mehr traumatisierte Soldaten

Die Zahl der in Behandlung befindlichen
Bundeswehr-Soldaten mit Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS)
ist so hoch wie noch nie seit Beginn der Auslandseinsätze. Das geht
nach einem Bericht der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen
Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) aus neuesten Statistiken des
Trauma-Zentrums der Bundeswehr hervor, die der Zeitung vorliegen. Die
Zahl der 2010 behandelten PTBS-Kranken lag demnach in den ersten drei
Quartalen bei 483 und ist damit bereits höher als im ganzen letzten
Jahr. Dies entspricht dem Trend. Denn die Häufigkeit der PTBS-Fälle
hat zuletzt kontinuierlich zugenommen – von 149 im Jahr 2007, 245
(2008), 466 (2009) auf 483 bis Ende September 2010. In diesem Jahr
entfallen 397 der 483 PTBS-Behandlungen auf Soldaten im
Afghanistan-Einsatz, 28 auf Soldaten, die auf dem Balkan Dienst
taten, und 58 auf andere, nicht näher spezifizierte Auslöser. Peter
Zimmermann, Psychiater am Bundeswehr-Krankenhaus in Berlin und Leiter
des Trauma-Zentrums, sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ zu den
Zahlen: „Der Behandlungsbedarf ist im Laufe der Jahre gewachsen. Denn
der Einsatzdruck und die Einsatzbelastung sind gestiegen. Ich sehe
aber auch einen Trend zu mehr Bereitschaft bei den Soldaten, sich in
Behandlung zu begeben. Das haben wir nicht zuletzt den Vorgesetzten
zu verdanken, die offener geworden sind und ihre Leute stärker dazu
motivieren.“ Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes,
Ulrich Kirsch, erklärte: „Dass die Rückkehr an der Seele verwundeter
Soldatinnen und Soldaten zunimmt, verwundert nicht. Schließlich
finden vermehrt Gefechte statt. Die Soldaten erleben nicht nur, dass
der Kamerad neben ihnen verwundet wird oder fällt. Hinzu kommt das
Selber-Töten-Müssen.“ Er beklagte zudem Defizite bei der Versorgung:
„Es fehlen vor allem Therapeuten, die sich mit den Betroffenen
intensiv auseinandersetzen und sie wie Lotsen durch die Bürokratie
begleiten. Davon gibt es nicht genug. Das muss uns nachdenklich
machen.“ Im Frühjahr waren von 42 psychiatrischen Dienstposten in der
Truppe lediglich 24 besetzt.

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Hartmut Augustin
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