Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff
(CDU) zieht im Streit um Namensschilder für Polizisten wegen eines
dabei angebrachten fragwürdigen Geschichtsvergleiches immer heftigere
Kritik auf sich. Haseloff hatte in einem Rundfunk-Interview die
Namensschilder mit der Begründung abgelehnt: „Auch aus der deutschen
Geschichte halte ich eine Kennzeichnungspflicht für Menschen schlicht
und einfach für unerträglich und unakzeptabel.“ „Natürlich hat er die
Nazi-Zeit gemeint“, sagte dazu der Generalsekretär des Zentralrats
der Juden, Stephan Kramer, der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen
Zeitung (Dienstag). Haseloff habe wohl gemerkt, „dass er Blödsinn
erzählt hat und versucht jetzt, die Kurve zu kriegen“. Kramer sagte,
er teile durchaus die Bedenken von Polizisten, dass Namen an
Uniformen auch zu Repressalien führen könnten. Daher halte er die
Berliner Lösung für einen guten Kompromiss: „Wir haben alle schon die
Erfahrung gemacht, dass es nicht nur ordentliche und nette Polizisten
gibt, sondern eben auch solche, die sich rüpelhaft verhalten. Da muss
man die Möglichkeit haben, ein solches Verhalten zur Anzeige zu
bringen.“ Diese Kennzeichnung aber mit dem Judenstern zu vergleichen,
sei „völlig an den Haaren herbei gezogen“. Denn bei den Nazis sei es
tatsächlich darum gegangen, Angehörige einer Minderheit kenntlich zu
machen und sie Verfolgungsmaßnahmen auszusetzen.
Linkspartei-Bundestagsabgeordneter Jan Korte sagte: „Man kann zu
dem Thema unterschiedlicher Auffassung sein. Aber dieser Vergleich
macht mich fassungslos.“ Auch SPD-Innenexperte Sebastian Edathy
reagierte empört: „Das ist eine völlig unverständliche und abstruse
Aussage. Sie ist mindestens erklärungsbedürftig“, sagte er der MZ.
Natürlich könne man diskutieren, ob Namensschilder sinnvoll seien. Es
käme auch eine Kennzeichnung durch Zahlen- oder Buchstaben-Codes in
Betracht. Ähnliches verlautete aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Zwar müsse man Polizisten vor Racheakten schützen, hieß es.
Andererseits müssten Bürger, die sich von der Polizei schlecht
behandelt fühlen, aber die Gelegenheiten haben, sich zu beschweren.
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Hartmut Augustin
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