Mitteldeutsche Zeitung: Gysi-Anklage Kritik an schleppendem Fortgang

Der pensionierte Richter Lothar Thoß, der den
Linksfraktionsvorsitzenden Gregor Gysi im November 2012 wegen
uneidlicher Falschaussage angezeigt hatte, hat den schleppenden
Fortgang der Ermittlungen durch die Hamburger Staatsanwaltschaft
beklagt. „Ich bin nicht sehr glücklich darüber“, sagte er der in
Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe). „Es
gibt Richtlinien für das Straf- und Ermittlungsverfahren, in denen
steht, dass Dinge von größerer Bedeutung und öffentlicher
Aufmerksamkeit besonders zügig bearbeitet werden sollten. Davon sind
wir nach 26 Monaten etwas entfernt. Ich weiß nicht, was man davon
halten soll.“ Das Ermittlungsverfahren wurde am 31. Januar 2013
offiziell eingeleitet, läuft also jetzt seit über zwei Jahren. Die
Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach, rechtfertigte die
lange Dauer gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ mit den Worten:
„Wir haben bisher nicht alle Zeugen vernommen. Teilweise haben sie
den Wohnort gewechselt oder sind schon tot. Da es sich um ältere
Leute handelt, können wir sie nur am Wohnort vernehmen lassen. Das
gestaltet sich alles schwierig.“ Man könne Beweismittel jedenfalls
nicht ignorieren. Sie fuhr fort: „Unser Ehrgeiz ist, so lange zu
ermitteln, wie es nichts mehr zu ermitteln gibt. Angst, eine
Entscheidung zu fällen, haben wir nicht.“ Die Staatsanwaltschaft
hatte das Ende der Ermittlungen im Mai 2014 erstmals angekündigt, sie
dann aber wieder aufgenommen. Gysi hatte sich im Januar 2011 gegen
eine Dokumentation des Norddeutschen Rundfunks gewehrt, in der seine
mutmaßlichen Stasi-Kontakte thematisiert werden sollten. Im Zuge
dieser Auseinandersetzung gab er eine eidesstattliche Versicherung
ab. Ihr zufolge habe er „zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder
sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit
berichtet“. Die Stasi-Unterlagenbehörde gab dann einen Vermerk frei,
aus dem hervorgeht, dass Gysi am 16. Februar 1989 gegenüber zwei
Stasi-Offizieren über ein Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“
Auskunft gab. Er wusste demnach, dass er Stasi-Offiziere vor sich
hatte.

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