Mitteldeutsche Zeitung: Innere Sicherheit Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht trifft mit Vorstoß für neuen Radikalenerlass auf Skepsis

Überlegungen von Sachsen-Anhalts Innenminister
Holger Stahlknecht (CDU), einen Radikalenerlass in Sachsen-Anhalt
einzuführen, sind auf Skepsis und Ablehnung gestoßen. Stahlknecht
hatte vorgeschlagen, im Falle des Scheiters eines erneuten
NPD-Verbotsverfahrens nach Möglichkeiten zu suchen, wie
verfassungsfeindliche Personen vom öffentlichen Dienst und von
politischen Wahlämtern ferngehalten werden müssen. Dabei wäre, so
Stahlknecht, ein Radikalenerlass denkbar.

„Das sind Pläne, die mich an die finstersten Zeiten des Kalten
Krieges erinnern“, sagte die Innenpolitische Sprecherin der Linken im
Landtag, Gudrun Tiedge der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen
Zeitung (Montag). Ein Radikalenerlass berge die Gefahr des
Missbrauchs: „Menschen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind,
werden so verunsichert, sich überhaupt noch politisch zu äußern.“
„Die Frage ist, wo fängt so etwas an und wo hört es auf?“

Ähnlich kritisch äußerte sich auch die Fraktionsvorsitzende der
Bündnisgrünen im Landtag, Claudia Dalbert: „Ich habe selbst erlebt,
zu welchen Verunsicherungen der Radikalenerlass in den 70er Jahren
geführt hat.“ Sie habe damals als Studentin Flugblätter vor der
Uni-Mensa verteilt und habe sich mit ihren Kommilitonen darum
gesorgt, ob sie nun fotografiert und in Akten aufgenommen würden.
„Wir hatten Angst um unsere berufliche Zukunft, so etwas wäre mit
einen neuen Radikalenerlass denkbar.“ Die Idee sei
„verfassungsrechtlich höchst bedenklich“, weil sie geeignet sei, alle
Menschen, die sich politisch engagieren wollten, einzuschüchtern, so
Dalbert.

Auch bei Stahlknechts Koalitionspartner SPD reagierte man
skeptisch: „Es gibt bereits jetzt Möglichkeiten, Angestellte aus dem
öffentlichen Dienst zu entfernen, wenn sie für eine
verfassungsfeindliche Organisation oder Partei aktiv sind“, ließ
Justizministerin Angela Kolb (SPD) wissen. Der rechtspolitische
Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der Magdeburger Burkhard
Lischka, sagte, er sei froh, dass die Zeiten des Radikalenerlasses in
der Bundesrepublik wieder vorbei seien: „Das hat damals die übelsten
Blüten getrieben, so etwas sollte es nicht wieder geben.“

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