Der Deutsche Richterbund lehnt den von der
Bundesregierung geplanten Warnschuss-Arrest ab. „Ich halte den
Warnschuss-Arrest für wenig zielführend“, sagte die stellvertretende
Vorsitzende Andrea Titz der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen
Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe). Mit Blick auf die beiden 18-Jährigen,
die am Samstag einen 29-Jährigen im Berliner U-Bahnhof
Friedrichstraße brutal zusammenschlugen und ihm auf den Kopf traten,
fuhr sie fort: „Die Leute, die solche Taten begehen, sind in der
Regel bereits vorher aufgefallen. Sie haben oft auch schon Arreste
verbüßt und sind davon wenig beeindruckt. Das sind in der Regel keine
Ersttäter. Die hatten ihren Warnschuss bereits.“ Die
Jugendkriminalität werde durch die Einführung eines solchen Arrests
„nicht massiv beeinflusst“. Titz fügte hinzu: „Die
Jugendarrestanstalten haben teilweise eine eklatante Platznot. Es
dauert oft mehrere Monate, bis ein Arrest vollstreckt werden kann.
Diese Situation würde durch einen Warnschuss-Arrest eher noch
verstärkt.“ Der Direktor des Kriminologischen Forschungs-Instituts
Niedersachsen, Christian Pfeiffer, erklärte der „Mitteldeutschen
Zeitung“, der Warnschuss-Arrest habe „keinen Sinn. Die Rückfallquote
nach Jugendarrest liegt bei 71 Prozent. Und der Warnschuss-Arrest
würde ja nicht sofort verhängt werden, sondern im Rahmen einer
Hauptverhandlung etwa vier bis fünf Monate nach der Tat. Überdies
müsste dann ja auch die sofort angeordnete Untersuchungshaft eine
segensreiche Wirkung hinterlassen. Doch das tut sie gar nicht. Wir
haben hier Rückfallquoten von 80 Prozent.“ Nötig seien stattdessen
mehr Polizei und eine höhere Aufklärungsquote. Pfeiffer kritisierte
zugleich die Berliner Justiz, die die beiden Täter laufen ließ: „Ich
bin überrascht, dass die Täter sofort wieder frei gekommen sind. Denn
man kann in diesem Fall versuchten Totschlag annehmen. Und dann ist
man ganz schnell bei einer Jugendstrafe ohne Bewährung und einer
möglichen Fluchtgefahr.“ Die Täter hätten in Untersuchungshaft
gehört.
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