Mitteldeutsche Zeitung: Linke Sahra Wagenknecht hält die Ost-West-Perspektive für überholt

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion
im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hält die Ost-West-Perspektive für
überholt. „Niedrige Löhne, Armutsrenten, auch Hartz IV sind im
Ruhrgebiet ein genauso akutes Problem wie in Bitterfeld, Halle oder
anderswo“, sagte sie der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen
Zeitung“ (Montag-Ausgabe). „Das gleiche gilt für verarmte Kommunen,
die Schwimmbäder und Theater schließen, während im Rahmen der
sogenannten Eurorettung endlose Steuermilliarden für die Stützung von
Zockerbanken verpulvert werden. Auch die Folgen dieser Enteignung der
Steuerzahler zum Nutzen der Banker und Millionäre werden Ost- und
Westdeutsche gleichermaßen tragen. Viele Ostdeutsche haben auch schon
mal im Westen gearbeitet oder pendeln. Wer heute unter 40 ist, hat
den Großteil seines Lebens in der Bundesrepublik verbracht. Ob jemand
im Osten oder Westen geboren wurde, verliert immer mehr an
Relevanz.“ Wagenknecht fügte hinzu, auch der Begriff
„Erfahrungsvorsprung kann zu Missverständnissen führen. Jedes
Bundesland könnte für sich spezifische Erfahrungsvorsprünge
reklamieren. Der Osten hat einen vollständigen Gesellschaftsumbruch
erlebt und war vielfach Experimentierfeld für Sozialabbau. In NRW und
im Westen generell gibt es dagegen mehr Erfahrung mit großen
gewerkschaftlich organisierten Arbeitskämpfen. Die Saarländer könnten
sagen, sie hätten den Erfahrungsvorsprung der gelebten Nähe zu
Frankreich und ein Gefühl für nicht mehr vorhandene Grenzen in
Europa. Bayern könnte geltend machen, dass es sich von einem
Agrarland in ein Hochindustrieland gewandelt hat. Es gibt viele
spezielle Erfahrungen, die alle wichtig sind.“ Und schließlich sei es
auch mit Blick auf die Bundestagwahl 2013 falsch, das Ostdeutsche zu
sehr zu betonen, so die Politikerin. Denn „ein gutes
Bundestagswahlergebnis kriegen wir nur, wenn wir auch ein gutes
Ergebnis im Westen haben. Bei der letzten Wahl kam die Mehrheit
unserer Wähler aus den alten Ländern. Wir dürfen auf keinen Fall im
Westen Vertrauen verspielen, sondern müssen es im Gegenteil
ausbauen.“ Zuletzt hatte der Ost-Flügel der Partei dazu aufgefordert,
die ostdeutschen Erfahrungen und Erfolge der Partei besonders zu
unterstreichen.

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