Nach der Sitzung der Linksfraktion am Dienstagabend
wird in der Partei deutliche Kritik am Vorsitzenden Klaus Ernst laut.
Das berichtet die in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“
(Donnerstag-Ausgabe). Grund ist die Tatsache, dass Ernst dem
Vorsitzenden der sächsischen Landesgruppe, Michael Leutert, in der
Sitzung das Recht abgesprochen hatte, sich in der
Antisemitismus-Debatte zu äußern, weil dazu seine Lebensleistung
nicht ausreiche. Leutert sagte dazu der „Mitteldeutschen Zeitung“:
„Ich bin fassungslos. Ein Vorsitzender disqualifiziert sich damit
selbst.“ Es sei für ihn jedenfalls nicht akzeptabel, dass ein aus
Westdeutschland kommender Parteichef ihm als Ostdeutschem die
Lebensleistung abspreche. Ernst habe überdies die Aufgabe zu
integrieren und dürfe nicht das Gegenteil tun. Die Linkspartei-
Abgeordnete Petra Sitte erklärte: „Ich finde den Ausgang der
Fraktionssitzung dramatisch und nicht konstruktiv für die weitere
Zusammenarbeit. Vor allem in einer modernen Linken muss man sich mit
Kritik inhaltlich auseinandersetzen und nicht aufgrund von
Hierarchien.“ Ihr Fraktionskollege Roland Claus sagte der
„Mitteldeutschen Zeitung“ zu Ernsts Auftritt: „Das ist kein
Ausraster, sondern zeigt eine Haltung, die bei Ernst offensichtlich
vorhanden ist. Ich finde das ausgesprochen belastend.“ Leutert hatte
im „Tagesspiegel“ gesagt: „Ich würde mir wünschen, dass Herr Ernst
sachlicher auf ernstzunehmende Einwürfe reagiert. Der Tonfall war
nicht angemessen.“ Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden, Dieter
Graumann, hatte der Linkspartei zuvor in einem kritischen, aber
dennoch wohlmeinenden Zeitungsbeitrag ein Antisemitismus-Problem
attestiert – und war daraufhin von Ernst ermahnt worden, „die
Niederungen der Parteipolitik“ zu verlassen. Nach der Attacke von
Ernst auf Leutert verließen etwa 20 Abgeordnete am Dienstagabend aus
Verärgerung den Saal. Der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi
kritisierte den Parteichef sinngemäß mit den Worten, so gehe das
nicht. Ernst entschuldigte sich nachher bei allen
Fraktionsmitgliedern per E-Mail.
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