Unmittelbar vor der heute beginnenden „Elgersburger
Runde“ des geschäftsführenden Parteivorstandes sowie der Partei- und
Fraktionsvorsitzenden der Länder droht der Streit um einen
Mitgliederentscheid in der Linkspartei zu eskalieren. Das berichtet
die in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ (Freitag-Ausgabe)
unter Berufung auf führende Parteikreise. Auf Initiative des Freundes
des ehemaligen Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine, Ulrich Maurer,
hat der Geschäftsführende Parteivorstand in seiner Sitzung am Montag
beschlossen, einen Experten für Parteienrecht prüfen zu lassen,
inwieweit ein Mitgliederentscheid in der Linkspartei überhaupt
zulässig wäre. Dies geschieht unter anderem mit der Begründung, dass
auf Parteitagen wegen des Quorums normalerweise erst Frauen gewählt
werden und danach Männer bzw. gemischte Listen zur Wahl stehen. Würde
man es bei einem Mitgliederentscheid ähnlich halten, wären demzufolge
zwei Durchgänge notwendig. Nachdem der Mitgliederentscheid formal
beantragt wurde, müsste der Parteivorstand ihn wiederum ebenso formal
bestätigen. Letzteres gilt jedoch nicht als sicher. In der Partei
heißt es, der Prüfauftrag an einen Parteienrechtler sei „Teil einer
Chaotisierungsstrategie, um das Projekt unmöglich zu machen“. In der
Parteispitze wird mittlerweile damit gerechnet, dass der Konflikt
letztlich vor der Schiedskommission landet, weil das Votum des
Parteivorstandes in jedem Fall angefochten würde. Lafontaine ist
offenbar gegen den Mitgliederentscheid, weil der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch kandidiert und eine reelle
Chance hat. Der Vorsitzende der Linkspartei in Sachsen-Anhalt,
Matthias Höhn, sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“, die
Landesvorstände Mecklenburg-Vorpommerns, Sachsen-Anhalts und
Schleswig-Holsteins hätten sich für einen Mitgliederentscheid
ausgesprochen; Sachsen werde dem wahrscheinlich noch folgen. „Ich
gehe deshalb davon aus, dass das notwendige Quorum erreicht und der
Mitgliederentscheid kommen wird, wenn die vier Landesverbände ihn
beantragen. Und ich werbe um breite Akzeptanz.“ Auf dem Weg dahin
„sollte die Partei Charakter zeigen und einen kulturvollen Stil“, so
Höhn. Ähnlich äußerte sich Jan Korte, Mitglied des Vorstandes der
Bundestagsfraktion. „Ich glaube, dass der Mitgliederentscheid eine
große Chance ist“, erklärte er. Entscheidungsprozesse über das
Spitzenpersonal müssten „endlich raus aus den Hinterzimmern“;
erforderlich sei ein „offenes Visier“.
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