Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat
einen Mangel an Politikern mit spezifisch ostdeutschen Prägungen im
Bundestag beklagt. „Dass der Ost-West-Unterschied in den Biografien
23 Jahre nach dem Mauerfall keine dominante Rolle mehr spielt, ist
nachvollziehbar“, sagte er der in Halle erscheinenden
„Mitteldeutschen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe). „Trotzdem wünsche ich
mir, dass es in den Parteien und vor allem im Bundestag noch Menschen
mit ostdeutschen Prägungen gibt – also mit Erfahrungen aus der
Diktatur und der friedlichen Revolution. Das wäre schon wichtig.“
Schließlich müssten die noch bestehenden sozio-ökonomischen und
kulturellen Unterschiede zwischen Ost und West angemessen zum
Ausdruck kommen. Auf die Frage, ob es davon genug gebe, antwortete
Thierse: „Nein.“ Parteien sollten entsprechend darauf achten. „Denn
natürlich beobachte ich, dass junge Westdeutsche sich in einem viel
stärkeren Maß politisch engagieren und Karriere machen wollen als
Leute mittleren Alters ostdeutscher Prägung.“ Allein um seine
Nachfolge im Ostberliner Bezirk Pankow bewürben sich drei
Westdeutsche. Der 69-jährige SPD-Politiker erklärte, er sei sich
„schon in den letzten Jahren ein bisschen wie der letzte Mohikaner
vorgekommen. So viele aus den Jahren 1989/90, die den Aufbruch gewagt
haben, sind nicht mehr da.“ Er tritt bei der Bundestagswahl 2013
nicht mehr an.
Markus Decker
Parlamentsredaktion Mitteldeutsche Zeitung
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