Der ungeklärte Feuertod des Asylbewerbers Oury
Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle soll von zwei unabhängigen
Sonderermittlern aufgerollt werden. Sachsen-Anhalts
Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen verständigte sich nach
Informationen der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung
(Freitagausgabe) auf renommierte Experten: Zum einen auf den
Rechtsanwalt Jerzy Montag (Grüne), der als Sonderermittler im
Bundestag bereits den Komplex der rechtsextremen Terrorzelle NSU
untersuchte. Zum anderen auf den früheren Bundesverfassungsrichter
Herbert Landau. Er hatte ab 2016 im Auftrag der sächsischen
Landesregierung den Suizid des terrorverdächtigen Jaber Albakr in der
JVA Leipzig aufgearbeitet.
Mit den zwei unabhängigen Sachverständigen will die Koalition bei
der Aufklärung des Todesfalls Oury Jalloh in die Offensive gehen.
Montag und Landau sollen den Fall im Rechtsausschuss des Landtags
aufarbeiten. Noch ist ihr Auftrag nicht schriftlich fixiert. Klar ist
aber, dass sie die im Parlament lagernden Polizei- und Justizakten –
sechs Umzugskartons – sichten und neu bewerten sollen. „Wir wollen,
dass dieser Fall mit einem unabhängigen Blick von außen aufgearbeitet
wird“, sagte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann der Zeitung.
Sie bestätigte zunächst nur die Koalitionseinigung auf zwei
Sachverständige. „Sinn der Untersuchung ist, dass Experten ohne jede
Vorgabe alle Akten zum Fall prüfen und dann zu einem Urteil kommen.“
Dabei wird es auch um die grundsätzliche Frage gehen, ob im Fall
Jalloh alle rechtsstaatlichen Mittel zur Aufklärung ausgeschöpft
wurden.
Oury Jalloh, ein 36-jähriger Asylbewerber aus Sierra-Leone, war
2005 in einer Dessau Polizeizelle unter ungeklärten Umständen
verbrannt. Zwei Gerichtsverfahren konnten nicht aufdecken, wie es zu
dem Feuer kam. Jalloh war zum Ausbruch des Brandes an Händen und
Füßen gefesselt. Eine dramatische Wende hatte der Fall 2017 genommen:
Der jahrelange Chefermittler, Oberstaatsanwalt Folker Bittmann, hatte
nach jahrelangen Ermittlungen die These verworfen, Jalloh habe sich
selbst angezündet. Stattdessen verdächtigte Bittmann in einem
internen Vermerk Polizisten, den Asylbewerber getötet zu haben.
Dennoch stellte die Staatsanwaltschaft Halle die Ermittlungen im
Oktober ein. Allerdings wurde Bittmanns Vermerk durch Medienberichte
öffentlich – daraufhin wies Landes-Justizministerin Anne-Marie Keding
(CDU) im Dezember 2017 die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg an,
die Akten des Falls erneut zu prüfen.
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