Bei der Bundeswehr sind von 1995 bis 2010
lediglich267 Soldatinnen und Soldaten und damit nur jeder zweite
Antragsteller aufgrund einer Posttraumatischen Belastungsstörung
(PTBS) als wehrdienstbeschädigt anerkannt worden; 260 Anträge wurden
in demselben Zeitraum abgelehnt. Das berichtet die in Halle
erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe) unter
Berufung auf neueste Zahlen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Die
übrigen Anträge wurden entweder zurückgezogen oder werden noch
bearbeitet. Dabei liegt die Zahl der PTBS-Behandlungsfälle um ein
Vielfaches höher. Allein zwischen Januar und November 2010 wurden 655
Soldatinnen und Soldaten wegen einer PTBS in
Bundeswehr-Krankenhäusern therapiert. Bis ein Trauma von der
Bundeswehr offiziell anerkannt wird, vergehen nach Angaben des
Verteidigungsministeriums im Schnitt 15 Monate. Der Sprecher des
Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Kai Schlolaut, betonte, es sei
„zwingend notwendig, dass der von dem Antragsteller vorgetragene
schädigende Sachverhalt nachgewiesen ist. Oftmals gestaltet sich
der Nachweis eines oder mehrerer traumatisierender Ereignisse als
schwierig, insbesondere dann, wenn der konkret vorgebrachte Vorfall –
zum Beispiel ein Attentat – nicht aktenkundig und damit nicht
dokumentiert ist.“ Wenn die Aktenlage nicht ausreichend sei, sei
„eine fachärztliche Untersuchung durchzuführen“. Dies nehme „Zeit in
Anspruch, insbesondere dann, wenn Gutachter außerhalb der Bundeswehr
beauftragt werden“. Der verteidigungspolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, kritisierte hingegen gegenüber
der „Mitteldeutschen Zeitung“: „Die Bearbeitungszeit ist schon lange
inakzeptabel.“ Und er habe „die Sorge, dass zuungunsten der
Antragsteller gewichtet wird, obwohl es eigentlich umgekehrt sein
müsste: im Zweifel zugunsten der Antragsteller“. Hier sei „eine
teilweise schon reflexhafte Bürokratie“ am Werke, so Arnold, die vor
allem darauf getrimmt sei, die finanziellen Interessen der Bundeswehr
zu vertreten. Andreas Timmermann-Levanas, Vorsitzender des Bundes
Deutscher Veteranen, erklärte, zumindest unter dem alten
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) habe die Devise
gegolten: „Wir sind nicht im Krieg. Und wenn wir nicht im Krieg sind,
kann es auch keine Traumatisierten geben.“ Im Übrigen gehe es ums
Geld. Bei vielen PTBS-Betroffenen sei „der soziale Abstieg
vorprogrammiert“, erläuterte Timmermann-Levanas. Da sich die
Krankheit oft erst dann einstelle, wenn die Soldaten die Bundeswehr
bereits verlassen hätten, stünden sie häufig vor dem Nichts.
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