Mitteldeutsche Zeitung: WirtschaftÖkonom: Berlin als Wachstums-Motor für den Osten

In der Debatte über die wirtschaftliche Lage
Sachsen-Anhalts fordert der Magdeburger Ökonom Karl-Heinz Paqué ein
drastisches Umdenken in der Wirtschaftspolitik. „Wir brauchen einen
grundlegenden Wechsel des Blickwinkels“, sagte Paqué der in Halle
erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe). Den
Schlüssel für die Entwicklung Sachsen-Anhalts und Ostdeutschlands
insgesamt sieht er in der Bundeshauptstadt. „Berlin kann langfristig
unser Wachstumsmotor werden, so wie München für Bayern. Das ist gut
für den Osten“, so der Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät der Magdeburger Uni. Während Sachsen-Anhalts Wirtschaft 2014
nur um 0,4 Prozent gewachsen ist, lag der Durchschnitt in
Ostdeutschland ohne Berlin bei 1,4 Prozent. Berlin wiederum kam auf
2,2 Prozent – Platz zwei hinter Baden-Württemberg und deutlich vor
Bayern (1,8 Prozent). Langfristig gesehen sei Berlin sogar das
wirtschaftlich am schnellsten wachsende Bundesland – laut Paqué nicht
wegen, sondern trotz der dortigen Landespolitik. Mit 120 000
Studenten und drei Hochschulen, zu denen eine renommierte Technische
Uni gehört, entwickele Berlin eine enorme Anziehungskraft und
innovatives Potenzial. „Da gibt es eine richtige Start-Up-Kultur.“
Mit der Berliner Dynamik könne weder Sachsen-Anhalt noch ein anderes
Ostland konkurrieren – stattdessen müsse man diese nutzen und
schauen, wie man an die Berliner Entwicklung andocken, kooperieren
und Synergieeffekte schaffen kann. Zentral sei , die Innovationskraft
der Wirtschaft zu fördern. „Deshalb müssen wir in Sachsen-Anhalt noch
deutlicher von der Breitenförderung wegkommen und Wissenschaft und
Wirtschaft stärker verschränken“, so Paqué. Bei der
Wirtschaftsförderung im Land fehlt ihm dafür nicht nur „ein bisschen
der Schwung“. Der Blick sei auch zu kleinteilig. Statt über
Kooperationen in Berlin nachzudenken, „diskutieren wir hier, ob in
Magdeburg oder Barleben investiert wird“. Die Entfernung zu Berlin,
gut 150 Kilometer von Magdeburg aus, sei kein Problem. „Aus
ökonomischer Sicht ist Magdeburg ein Vorort Berlins.“ Für
US-Investoren sei so etwas keine Entfernung. Ähnlich sieht er die
Problematik im Landessüden. „In Halle wird bejammert, dass gleich
nebenan Leipzig liegt – wirtschaftlich ist das aber in Wahrheit eine
Chance.“

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