Mitteldeutsche Zeitung: zu Bundespräsident Gauck

Diesen Moment hätten sich viele gerne erspart: Die
Kanzlerin, die genug Ärger in den eigenen Reihen hat. Die SPD, die
sich zwischen trauriger Koalitionstreue und trotziger Distanzierung
entscheiden muss. Die Grünen, die keine Vorentscheidungen für
künftige Partner treffen wollen. Und die Bürger, die in großer
Mehrheit eine zweite Amtszeit des beliebten Bundespräsidenten
wünschten, ohnehin.

Der Respekt vor dem Amt wird Politiker aller Couleur kaum
abhalten, in kurzer Zeit jeden erdenklichen Nachfolger-Namen und
alle möglichen politischen Farbkonstellationen durchzuspielen.
Grundsätzlich ist gegen eine lebendige Kandidatensuche nichts zu
sagen. Wenn man das Amt des Bundespräsidenten ernst nimmt und das
Staatsoberhaupt nicht auf die Rolle des Grüß-Augusts und
Gesetzesnotars schrumpfen will, braucht es dringend eine breite
Debatte darüber, welche Persönlichkeit am besten geeignet ist, dieses
Land nach außen zu vertreten und nach innen zu einen.

Die Politik aber ist auf dem besten Weg, die Kandidatensuche mit
anderen, strategischen Überlegungen zu überfrachten und die
Präsidentenkür als Auftakt zur Bundestagswahl 2017 zu
instrumentalisieren. Die politische Elite darf diese Zuversicht nicht
durch kleinkariertes Posten-Geschacher beschädigen.

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Hartmut Augustin
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