Es ist mit diesem Gnadenakt keine unabhängige Justiz
entstanden, keine Richterschaft, die sich gegen ihre Entmündigung
wehrt und keine Staatsanwaltschaft, die nicht als verlängerter Arm
des Kreml agiert. Es war immer Putins Verfahren. Er vertrat die
Anklage, er sprach die Urteile. Dass er nun Gnade walten lässt, muss
uns freuen, für Chodorkowski. Für die russische Rechtsprechung
ändert sich nichts. Im Gegenteil, das „Ich begnadige Dich“ Putins
bestätigt bis in die Wortwahl die pervertierte Diktatur des Gesetzes,
der die russische Gerichtsbarkeit unterworfen ist. 2008, als Dmitri
Medwedew die Präsidentschaft Putins für vier Jahre unterbrach,
kündigte er an, seine Amtszeit der Sicherstellung eines
Justizsystems widmen zu wollen, das unabhängig von der Exekutive und
der Legislative sei. Darauf wartet das Land bis heute.
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