Mut zum Paradigmenwechsel

Wiesbaden (BPW/IHK).- „Es geht nicht darum, so zu sein wie one of the boys“, kon-statierte Keynote Speakerin Monique R. Siegel beim 5. BPW-Symposium mit dem Titel „Frauen. Leben. Erfolg.“, das erneut in Kooperation mit der IHK Wiesbaden am vergangenen Freitag in der IHK Wiesbaden stattfand. Die in Deutschland geborene Wirtschaftsethikern und Buchautorin, aufgewachsen in den USA und heute in der Schweiz lebend, machte den von Zukunftsforscher Matthias Horx definierten Mega-trend –Female Shift– zu ihrem Kernthema. Immerhin lägen aktuell rund 80 Prozent der Budgets dieser Welt in der Hand von Frauen. Sie stellte anschaulich den damit ein-hergehenden Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt und Gesellschaft in den Mittel-punkt ihres Vortrags: familienbejahende Strukturen, Lösungen statt Karriere, höhere Veränderungskompetenz, Mut zum Verhandeln, Neudefinition des Vaterseins, er-folgsorientierte Mixed Teams mit unterschiedlicher Herangehensweise – darin liege die Zukunft der Millennials, der nach 1980 Geborenen. Basierend darauf prognosti-zierte sie einen anstehenden gesellschaftlichen Wandel, der auch die Position der Frau in ein anderes Licht rücke.

Unternehmen sollen mehr Flexibilität zeigen
Häufig stünden veraltete Firmenphilosophien mit Präsenzpflicht einem Wiedereinstieg von gut ausgebildeten und engagierten Frauen im Weg, hielt die Vizepräsidentin der IHK Wiesbaden, Tatjana Trömner-Gelbe, in ihrer Begrüßungsansprache fest. In Zei-ten des Fachkräftemangels und in Anbetracht der demografischen Entwicklung könne die Wirtschaft es sich nicht leisten, auf gut ausgebildete Frauen zu verzichten. Sie forderte auf zu mehr Mut zur Macht, zu intensiverem Netzwerken und zum Vor-dringen in klassische Männerdomänen. Praktische Beispiele aus dem kommunalen Alltag wie beispielsweise das Job Sharing zweier Frauen in Führungspositionen führte Bürgermeister Arno Goßmann in seinem Grußwort an. Er lobte das Engagement der Business an Professional Women, die sich als weltweite Organisation für die Gleichstellung von Männern und Frauen im Beruf einsetzen. Nur durch eine aktive Einflussnahme auf politische Entscheidungen, die das Interesse berufstätiger Frauen betreffen, sei es langfristig möglich, die Anzahl weiblicher Führungskräfte in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit signifikant zu erhöhen. Marion Wilms-Bouffier, Vorstandsvorsitzende der Business and Professional Women Wiesbaden, führte neueste Studien an, die belegen, dass gemischte Teams bessere Ergebnisse erzielen. Doch in höheren Hierarchien sei Durchmischung immer noch zu selten. Aktuell sei die Zahl der Frauen im Topmanagement sogar gesunken. Der gewünschte Kulturwandel habe daher auch im 5. BPW-Symposium Einzug gehalten, da erstmals auch Männer in der Talkrunde und bei den Workshops vertreten seien.

„Wir sind auf einem guten Weg“
„Change is good“ – in einem sympathischen Interview mit Moderatorin Jutta Schrei-ber, BPW Wiesbaden, begrüßte auch der Ehrengast des Symposiums, Oberst Mary L. Martin, Kommandeurin der US-Heeresgarnison Wiesbaden, den gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Frauen in Führungspositionen. „Noch haben wir die Glasdecke nicht durchbrochen, wir sind aber auf einem guten Weg“, stellte sie fest – auch mit Blick auf die steigende Zahl von Unternehmerinnen in USA und Deutschland, die sie auf beiden Kontinenten als zielbewusst und erfolgreich einstufte. Geboren in einer kleinen Gemeinde in Georgia, hatte sich Mary L. Martin gezielt für eine militärische Karriere entschieden. Ein Bachelor- und drei Masterabschlüsse an Militärakademien, zahlreiche Auszeichnungen und die heutige Schlüsselposition belegen die Richtigkeit ihrer Entscheidung.

Empfehlung: Authentisch sein!
„Frauen sollten authentisch sein, Selbstbewusstsein und Stärke an den Tag legen!“ Professor Dr. Erich Barthel, Frankfurt School of Management and Science, riet in der Podiumsdiskussion „Der Weg an die Spitze – was außer Fachwissen noch gefragt ist“ Frauen im Arbeitsalltag dazu, den eigenen Weg zu gehen, sich kritisch zu hinterfragen und zu erkennen, ob man eventuell nur vorgefertigte Erwartungshaltungen erfülle.
Unternehmerin Anke Trischler knüpfte an: „Zaghaft zu sein, bringt nicht weiter. Ich bin heute in dieser Runde wegen meiner Kompetenz und Leistung. Es gilt, die eigene Wertigkeit zu erkennen.“ Nicht in den Wettbewerb eintreten zu wollen, sei ein großes, oftmals erziehungsbedingtes Phänomen bei Frauen,“ stellte Dr. dent. Ezhar Cezairli, u. a. Mitglied des Integrationsbeirates der Hessischen Landesregierung, fest. Zudem sei es die unterschiedliche Bewertung der Verhaltensweisen von Mann und Frau bei-spielsweise in Bezug auf Ehrgeiz, die im Berufsleben durchaus zu Irritationen führe. Ulrike Krieger, Regionsleiterin Deutsche Bank AG, sieht in Sachen Gleichstellung noch Nachholbedarf in der Unternehmenskultur und in Unternehmensabläufen. Frauen sollten zudem schnell entschlossen zugreifen, wenn es um begehrte Jobs gehe – schließlich würden Männer dies ebenfalls tun. Alexander Steinmetz, Vizepräsident HR Air Liquide, riet Frauen dazu, ihre berechtigten Forderungen zu benennen und ihre Assets – wie beispielsweise Kommunikation – in die Waagschale zu werfen.

Gut besuchte Themen-Workshops
Die auf der Agenda vorgesehenen 90 Minuten reichten bei den vier parallel laufenden Workshops bei weitem nicht aus – so groß war das Interesse in den Gruppen an den Themen „Auftritt und Wirkung“ (Heike Rüther), „Woman Power“ (Theresa Röschmann), „Dechiffrierung des männlichen Sprachcodes“ (Hans Pawliczek) und „Geschicktes Verhandeln“ (Krischan Brandl). Reger Gedankenaustausch und berufli-ches Netzwerken bildeten den Abschluss des Symposiums mit über 100 Teilnehmern, das Gordon Bonnet, Leiter der Unternehmenskommunikation der IHK Wiesbaden, in seinen Schlussworten als äußerst gelungen bezeichnete. Er nutzte die Gelegenheit, auf den erhöhten Frauenanteil in der IHK-Vollversammlung hinzuweisen und ermutigte die anwesenden Unternehmerinnen auch dieses Gremium in der Zukunft noch mehr zu nutzen.

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