Wut, Trauer, Enttäuschung – für die Eltern der
ermordeten Anneli-Marie Riße ist das Urteil gegen die Mörder ihrer
Tochter nur schwer zu begreifen, bei stern TV machten sie deutlich,
dass ihre Erwartungen im Prozess nicht erfüllt wurden: „Das Strafmaß
ist gemessen an der Tat an unserem Kind einfach zu wenig“, sagte Uwe
Riße am Mittwochabend bei stern TV. Aber: „Wir müssen lernen, mit
dieser Grausamkeit und mit einem ungerechten Urteil zu leben.“ Zwei
Tage zuvor waren die Täter verurteilt worden; lebenslänglich mit
besonderer Schwere der Schuld für Markus B., achteinhalb Jahre Haft
für seinen Komplizen Norbert K.
Vor allem die eingeschränkte Strafe für den zweiten Täter wollen
die Eltern nicht akzeptieren. „Jemand, der hinnimmt, dass ein Kind
entführt wird und ein Mord vorbereitet und durchgeführt wird, darf
nicht in fünf Jahren wieder unter uns sein“, sagte Uwe Riße. „Da ist
eine Revision angemessen.“ Nicht zu verstehen ist für die Eltern
außerdem nach wie vor, dass der Haupttäter – Markus B. – überhaupt
auf freiem Fuß war. Er war bereits mehrfach straffällig geworden und
saß wegen Betrugs im Gefängnis. „Bei dem Strafregister hätte er gar
nicht draußen sein dürfen“, so Ramona Riße bei stern TV.
Den Prozess am Dresdener Landgericht haben Ramona und Uwe Riße im
Gerichtssaal mitverfolgt, denn sie hatten gehofft, von den Tätern zu
erfahren, warum ihre Tochter sterben musste. Doch die Männer brachen
ihr Schweigen nicht. Den Menschen gegenüber zu sitzen, die ihre
jüngste Tochter getötet haben, war für die Eltern jedes Mal eine
Qual: „Die Prozesstage waren für mich Schwerstarbeit“, sagte Ramona
Riße live bei stern TV. „In bestimmten Situationen verspürt man eine
unheimliche Wut“, so Uwe Riße. „Man möchte handgreiflich werden. Man
möchte schreien.“
Für Ramona Riße ist seit dem Tod ihrer Tochter an so etwas wie
Alltag nicht mehr zu denken. Sie kümmert sich täglich um eine
Gedenkstätte für Anneli, die direkt am Haus der Familie steht. Und
einmal im Monat, immer am 13. – dem Datum der Entführung – geht
Ramona Riße an die Stelle, an der ihre Tochter verschleppt worden
ist. Dort spricht sie in Gedanken mit ihrer Tochter – und immer
wieder fragt sie sich auch nach dem Warum: „Wie konnte so etwas
passieren? Unsere Kinder sind in einer Idylle aufgewachsen. Und dann
dieses entsetzliche Verbrechen.“
Der Mordfall an der 17-jährigen Anneli-Marie hatte deutschlandweit
für Fassungslosigkeit gesorgt. Die Schülerin hatte am frühen Abend
des 13. August 2015 ihr Elternhaus in einem Dorf in der Nähe von
Meißen verlassen, um noch einen Spaziergang mit dem Hund zu machen.
Etwa zehn Minuten später traf sie auf zwei Männer, die offenbar die
Gewohnheiten der Unternehmertochter kannten, sie überwältigten und
verschleppten. Noch am selben Abend meldeten sich die Entführer bei
Anneli-Maries Eltern und forderten ein Lösegeld in Höhe von 1,2
Millionen Euro. Hunderte Beamte suchten in den darauffolgenden Tagen
fieberhaft nach der jungen Frau und kamen den jetzt verurteilten
Tätern aufgrund von DNA-Spuren schnell auf die Spur. Vier Tage nach
ihrem Verschwinden fand die Polizei schließlich die Leiche von
Anneli-Marie. Die Obduktion ergab, dass das Mädchen vermutlich noch
am Tag ihrer Entführung brutal erdrosselt worden war.
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Heike Foerster
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