
Angebot der zertifizierten Agrarrohstoffe aus den Erzeugerländer
wird nicht genügend nachgefragt.
Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller spricht sich gegenüber
Agrarjournalisten in Berlin dafür aus, bei Importen von
Agrarrohstoffen auf nachhaltig zertifizierte Ware zu setzen, um so
der Entwaldung entgegenzuwirken. Dies begrüßt OVID Verband der
ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland ausdrücklich. Um eine
nachhaltige Bewirtschaftung in den Erzeugerländern zu etablieren,
haben die vor Ort agierenden Unternehmen gemeinsam mit Regierungen,
Institutionen und NGOs verschiedene Schutzmaßnahmen erarbeitet. Ein
bereits 2006 gemeinsam vereinbartes Soja-Moratorium für Brasilien
untersagt den Handel, die Finanzierung und den Erwerb von Soja, das
von Regenwaldflächen stammt, die nach Juli 2008 gerodet wurden.
Im Laufe der Jahre haben sich eine Reihe von
Zertifizierungssystemen für nachhaltigen Sojaanbau etabliert. Dazu
gehören zum Beispiel der Roundtable for Responsible Soy (RTRS),
ProTerra und International Sustainability and Carbon Certification
(ISCC Plus). Allen gemein ist die Verpflichtung, Anbau nur auf
Flächen zu betreiben, auf denen zuvor keine Landnutzungsänderung
stattgefunden haben. Unterschiede gibt es zum Teil im Hinblick auf
den Umfang der Nachhaltigkeitskriterien, wie etwa in den
Sozialstandards. Das Thünen-Institut für Internationale
Waldwirtschaft und Forstökonomie ist in einer Studie vom Mai 2018 bei
einem Vergleich der Systeme zu dem Schluss gekommen, dass das ISCC
Plus/ISCC EU in verschiedenen Kernbereichen, wie Schutz von
Ökosystemen, gute landwirtschaftliche Praxis, soziale Kriterien und
Auditierungs- und Rückverfolgungssystemen, am besten abschneidet.
Für Bioenergie und Biokraftstoffe in der EU sind
Nachhaltigkeitszertifizierungen auf Basis gesetzlicher Vorgaben
verpflichtend. Für andere Verwendungen hingegen, zum Beispiel in der
Lebens- und Futtermittelwirtschaft sowie in der Chemie, ist dies aus
WTO-rechtlichen Gründen nicht möglich. Hier konnte bisher durch
Initiativen der Privatwirtschaft und der NGOs eine gewisse Dynamik zu
mehr Nachhaltigkeit im Anbau und der gesamten Lieferkette erzeugt
werden. So hat der europäische Verband der Mischfutterhersteller
(FEFAC) mit den Leitlinien für die nachhaltige globale
Sojabeschaffung Mindeststandards festgelegt.
Jaana Kleinschmit von Lengefeld, Präsidentin von OVID Verband der
ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland stellt fest: „Die
OVID-Mitgliedsfirmen bieten ihren Kunden eine Auswahl anerkannter
Zertifizierungssysteme und firmenindividueller
Nachhaltigkeits-initiativen für die Beschaffung nachhaltiger
Agrarrohstoffe an. Wir sehen allerdings, dass am Markt gegenwärtig
mehr nachhaltig zertifiziertes Soja angeboten als nachgefragt wird.“
Einige brasilianische Bauern überlegen bereits, ob sie aus dem
Nachhaltigkeitsprogramm wieder aussteigen, da ihre mit Mehraufwand
erzeugte und entsprechend teurere Ware nicht genügend Abnehmer
findet, wie auf der letzten RTRS-Konferenz in Lille verkündetet
wurde.
Auch ein Importverbot, wie von einigen Politikern immer wieder
gefordert, ist nicht zielführend im Sinne der Nachhaltigkeit, denn es
würde den bisher erreichten Erfolg in den Anbauländern im Keim
ersticken. Tatsache ist, dass sich alle Bemühungen zu mehr
Nachhaltigkeit bisher auf Deutschland und die EU beschränken und
somit, global gesehen, keine Lenkungswirkung erzeugen, denn die
größten Sojaimporteure befinden sich im asiatischen Raum, wo die
Nachhaltigkeit nicht nachgefragt wird.
Landnutzungsänderungen lassen sich nicht von deutschen, nicht
einmal europäischen Schreib- und Esstischen aus verhindern. In
Indonesien haben die europäischen Forderungen nach Importverboten für
Palmöl sogar die Kleinbauern in Jakarta auf die Straße getrieben, da
sie um ihren, mit Hilfe der Nachhaltigkeitsprogramme gerade
erworbenen, bescheidenen Wohlstand, wie den Schulbesuch ihrer Kinder,
fürchten.
Weltweit angebaut wird jeweils dort, wo die besten klimatischen
Voraussetzungen für Anbau und Wachstum der Nutzpflanzen und damit
auch für die höchste Flächeneffizienz bestehen, in den so genannten
Gunstregionen. Das dient auch dem Klimaschutz. „Deutschland und
Europa sind aufgrund ihrer geografischen Lage von Sojaimporten
abhängig. Es ist kaum möglich, in der aktuellen Selbstversorgung mit
Eiweißfuttermitteln von nur 30 bis 35 Prozent mit heimischen
Futtermitteln erheblich aufzuschließen“, so Kleinschmit von
Lengefeld.
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