Kein Platz mehr für Ausflüchte
Ein Rechtsstaat muss glasklare Antworten haben auf die Frage, wie
er mit Gefangenen umgeht, die seine Truppen im Ausland machen. Aber
bisher hat sich noch jede Bundesregierung darum gedrückt. Wie lästig
ihm diese Frage war, machte einst Verteidigungsminister Franz Josef
Jung deutlich und raunzte in einem Interview unserer Zeitung: „Wir
sind nicht in Afghanistan, um Gefangene zu machen.“ Also keine
Gefangenen? Die Wirklichkeit sieht anders aus: Deutsche Soldaten
fassen Rebellen oder tragen wesentlich dazu bei. Das ist ein Erfolg,
aber der lässt keinen Platz für Ausflüchte. Schon gar nicht, wenn
afghanische Geheimdienstler frohlocken, dass sie inhaftierte Taliban
immer zum Reden bringen.
Wer die Geschichten von Amerikanern oder Briten kennt, die länger
mit afghanischen Einheiten auf Terroristen-Jagd waren, der weiß auch:
Die Methoden des Staates unterscheiden sich in diesem Land leider
nicht immer fundamental von den brutalen Praktiken seiner Feinde.
Weil dies so ist, reicht der bequeme Hinweis aus Berlin gewiss nicht
aus, die Bundeswehr überstelle Gefangene brav der afghanischen
Justiz. Nein, es geht hier nicht darum, einer Behandlung von Killern
mit Samthandschuhen das Wort zu reden. Aber das Grundgesetz schreibt
nun mal die Universalgeltung der Grundrechte fest. Also darf die
Regierung sie im Wirkungsbereich der Bundeswehr nicht einfach
preisgeben – mitsamt ihren Gefangenen.
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