Die nächsten Sieger sind die Taliban
Vor neun Jahren hat der Westen den Afghanen Sicherheit und
Demokratie versprochen. Hunderte Anschläge auf Wahllokale und
Dutzende Tote am Tag der Parlamentswahl zeigen, wie weit
Ankündigungen und Wirklichkeit auseinanderliegen.
Wenn an solchen Tagen der Gewalt NATO-Generalsekretär Rasmussen
die ISAF für den Schutz von Wahllokalen lobt, wird der
Afghanistan-Einsatz für die Weltöffentlichkeit zur Farce.
Der militärische Kampf gegen die Taliban ist verloren, der Rückzug
längst beschlossene Sache. Die NATO benötigt aber noch Argumente, den
baldigen Ausstieg trotz einer katastrophalen Sicherheitslage
rechtfertigen zu können.
Dazu gehört das öffentliche Herabschrauben von Ansprüchen. Mehr
als 300 Angriffe und Anschläge auf Wahllokale werden dann sogar zum
vermeintlichen Argument einer verbesserten Sicherheitslage – wenn es
bei der vorletzten Wahl noch über 400 waren.
Jenseits von Schönfärbereien fehlt es an belastbaren Argumenten
für einen Rückzug. Will die NATO trotz des militärischen Fehlschlags
das Gesicht wahren, muss sie Erfolge präsentieren. Der Vorschlag des
ISAF-Oberkommandierenden David Petraeus an die Adresse der Bundeswehr
ist deshalb konsequent: noch mehr Personal in die Ausbildung von
afghanischen Schutztruppen investieren. So kann der Welt glauben
gemacht werden, dass sich die Afghanen sehr bald selbst schützen
könnten. Sollte es in diesem Fall künftig überhaupt noch
demokratische Wahlen geben, stünden die Sieger schon jetzt fest: die
Taliban.
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