Aufschwung! Welcher Aufschwung?
Stellen Sie sich vor: Die Wirtschaft erlebt einen kräftigen
Aufschwung, und Sie merken nichts davon. Hunderttausenden von
Beschäftigten in Deutschland könnte genau das passieren. Denn
hierzulande arbeitet nur noch jeder zweite Beschäftigte in einem
Betrieb, für den ein Branchentarifvertrag gilt. Das heißt:
Gewerkschaften und Arbeitgeber können fordern, mahnen und verabreden,
so viel und was sie wollen – für zahlreiche Arbeitnehmer außerhalb
der tariflichen Biotope hat dies keine oder bestenfalls indirekte
Auswirkungen.
Dabei sind viele Gründe für Tarifflucht entfallen und die
Flächentarifverträge oft weit besser als ihr Ruf. Vor allem in Sachen
Flexibilität hat sich in den vergangenen Jahren viel geändert.
Zahllose Klauseln erlauben in besonderen Situationen Abweichungen vom
Vertrag.
Zudem haben die Gewerkschaften durch moderate Lohnabschlüsse dazu
beigetragen, Deutschland in höchstem Maß wettbewerbsfähig zu machen.
Nichts belegt dies mehr als die gerade wieder extrem steigenden
Exporte.
Nun sind die Arbeitgeber an der Reihe, sich ihrerseits
kompromissbereit zu zeigen: durch spürbare Lohnerhöhungen, die die
Beschäftigten fair an wachsenden Gewinnen beteiligen, und zugleich
durch die Rückkehr zum Flächentarif, damit nicht nur ein Teil der
Beschäftigten, sondern alle von der wirtschaftlichen Erholung
profitieren.
Auch mit Blick auf die Binnenkonjunktur wäre dies ein wichtiges
Signal.
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