Neue OZ: Kommentar zu Ausländer / Integration / Sarrazin

Kalkulierter Eklat

Thilo Sarrazin ist ein unerträglicher Polterer, der sich gerne auf
Kosten von Minderheiten profiliert. Das hat er mit seinen Tiraden
gegen Muslime abermals bewiesen. Auch die jüngsten Ausfälle des
früheren Finanzsenators sind kühl kalkuliert. Mit ihnen trommelt er
für sein neues Buch. Das ist schäbig und wäre keiner Erwähnung wert,
wenn Sarrazins Thesen nicht an ein hochsensibles Thema rührten:
Integration ist immer noch ein Reizwort, das mit Ängsten und
Vorurteilen besetzt ist. Sarrazin schürt sie, anstatt sie mit Fakten
abzubauen.

So ist es Unfug, den Muslimen pauschal den Willen abzusprechen,
sich in die deutsche Gesellschaft einzufinden. Tatsache ist, dass es
Migranten mitunter schwer gemacht wird, in ihrer neuen Heimat feste
Wurzeln zu schlagen. Das hat in erster Linie mit fehlenden Bildungs-
und Teilhabechancen zu tun. Gezielte Sprachförderung im Kindergarten
oder Förderprogramme für Schulen mit hohem Migrantenanteil gibt es
längst nicht überall.

Richtig ist aber auch, dass aufseiten der Migranten Versäumnisse
liegen, die bei Muslimen vermehrt anzutreffen sind. Wenn Eltern ihre
Kinder nicht zur Sprachförderung schicken, ihnen den Wert von
Schulbildung nicht klarmachen; wenn Frauen weniger Rechte haben und
Familien oder ganze Stadtteile sich abschotten, dann kann Integration
nicht gelingen. Sie ist ein Vertrag auf Gegenseitigkeit, den beide
Seiten wollen müssen.

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