Eine Chance für die Chefs
Viel zu lachen hatten die beiden Deutsche-Bank-Vorsitzenden Anshu
Jain und Jürgen Fitschen bei der Hauptversammlung nicht.
Demonstranten vor der Tür, Zwischenrufer im Saal: Das Treffen zeigte
deutlich, wie groß die Imageprobleme von Deutschlands größter
Privatbank derzeit sind. Jain und Fitschen haben das verstanden.
Überzeugend legten sie dar, wie ernst es ihnen mit dem Kulturwandel
innerhalb der Bank ist, der den Prinzipien des ehrbaren Kaufmanns
neue Geltung verschaffen soll. Die beiden Konzernchefs haben eine
Chance verdient. Niemand sollte sie verurteilen, nur weil es gerade
chic ist, auf den Vertretern von Geldinstituten herumzuhacken.
Sicher, auch die Deutsche Bank hat große Fehler gemacht. So hat
sie im Vorfeld der Finanzkrise falsch beraten. Schwer wiegen auch die
Vorwürfe, den für viele Finanzprodukte wichtigen Libor-Zins
manipuliert zu haben. Die Bank arbeitet noch daran, diese Fehler
aufzuarbeiten. Entscheidend ist, dass am Ende ein überzeugendes
Ergebnis steht. Das wird allerdings noch einige Zeit dauern, auch
wegen laufender und zu erwartender Gerichtsverfahren.
Inzwischen ist ebenfalls wichtig, das Institut wirtschaftlich
wieder auf Erfolg zu trimmen. Jain und Fitschen haben hier schon gute
Arbeit geleistet. Schafft die Konzernführung beides, die
wirtschaftliche und die moralische Wende, wäre das ein starkes
Ergebnis: Die Deutsche Bank hätte dann die Finanzkrise als Chance
genutzt.
Georg Kern
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