Man reibt sich die Augen
Die Katze ist aus dem Sack, das Hickhack kann beginnen. Was
abzusehen war, ist gestern eingetreten: Innerhalb der Regierung
beginnt ein Ringen um die Interpretationshoheit von Studien,
Expertisen und Gutachten. Jeder pickt sich das heraus, was der
eigenen Argumentation dient. Man reibt sich verwundert die Augen:
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sieht im nun vorgelegten
Gutachten einen Ansporn für eine Laufzeitverlängerung von 12 bis 20
Jahren und stellt gar eine Strompreis-Ersparnis in Milliardenhöhe in
Aussicht. Und Umweltminister Norbert Röttgen? Er spricht einer
ausgedehnten Atomnutzung lediglich eine marginale Rolle zu, um die
angepeilten Klimaschutzziele zu erreichen.
Die Verbraucher bleiben zurück in Verwirrung. Gleichwohl müssen
sie jedwede Suppe auslöffeln – egal, ob es um Strompreise,
Versorgungssicherheit oder Endlagerung und Milliardenkosten für das
Abwracken des Atomklos Asse geht. Dazu trägt auch der Rückzieher der
Kanzlerin bei, die die von ihr ins Spiel gebrachte Laufzeitspanne
wieder relativiert. Es wird höchste Zeit, dass die Meiler-Manie von
Merkel & Co. nachlässt. Denn Strom macht lediglich etwa ein Drittel
des Energieverbrauchs aus, den Rest Verkehr und Gebäude. Drei Viertel
der Immobilien sind in Deutschland Altbestand, der dringend saniert
werden muss.
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