Mach den Thierse
Umweltschützer, Gewerkschaften, politische Stiftungen, kirchliche
Gruppen: Ein immer größeres Bündnis kämpft gegen die Verlängerung der
AKW-Laufzeiten. Längst vorbei sind die Zeiten, als gleich in die
linke Ecke gestellt wurde, wer ein „Atomkraft, nein danke“ ans Auto
pappte. Heute reicht die Anti-Atom-Bewegung bis weit ins bürgerliche
Lager.
Man muss deshalb kein Prophet sein, um der Bundesregierung einen
heißen Herbst vorherzusagen. Mit ihrem die Atomindustrie schonenden
Energiekonzept scheucht sie viele Menschen von der Couch auf, die
nach dem Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie gedacht hatten,
alles sei auf einem guten Weg. Das bedeutet stärkeren Zulauf bei
Demonstrationen, die wieder deutlich machtvoller werden könnten.
Auf einem anderen Blatt steht, wie radikal der Protest vorgetragen
wird. Dass sich Anti-Atom-Veteranen von Brücken abseilen oder an
Eisenbahngleise ketten, ist kaum zu erwarten. „Ziviler Ungehorsam“
durch Sitzblockaden ist dagegen durchaus auch älteren Semestern
zuzutrauen, zumal Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse gerade
erst vorgemacht hat, wie so etwas geht. Er setzte sich
Rechtsextremisten in den Weg – und wurde dabei freudig angefeuert:
„Thierse – blockier se“.
Auch dieses Beispiel zeigt: Die Zivilgesellschaft ist wehrhafter
geworden. Dies bedeutet eindeutig einen Gewinn für eine lebendige
Demokratie.
Eines muss freilich immer erfüllt sein: Von reisenden Chaoten
sollte sich kein friedlicher Demonstrant missbrauchen lassen.
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