Wider die Erfahrung
Ob die europäische Diplomatie in Männerhänden am besten aufgehoben
ist, klärt ein Blick auf die vergangenen 1000 Jahre. Fast nur Männer
pflegten auswärtige Beziehungen. So wurde ein Jahrtausend draus, in
dem sich die Europäer mit Hingabe gegenseitig erschlagen haben.
Allein, in der Außenvertretung der Europäischen Union spielt diese
historische Erfahrung noch keine Rolle. Mit Catherine Ashton mag zwar
eine Frau die EU-Außenpolitik personifizieren – das diplomatische
Korps aber hat ein durch und durch männliches Gesicht.
Der Außenbeauftragten Ashton ist das nur zum Teil anzulasten.
Schließlich unterliegt sie wie die anderen Spitzenvertreter der EU in
hohem Maß den Vorgaben und dem Personalangebot aus den 27 Staaten:
bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter, viel mehr noch in ihrer Politik.
Weswegen die Männerlastigkeit ihres Apparats weit grundsätzlichere
Defizite sichtbar macht als die ärgerliche Ungleichbehandlung von
Männern und Frauen im Rennen um ein paar lukrative Posten. Hier
spiegelt sich wider: Die EU-Außenpolitik läuft alles andere als rund.
Über die zentralen Themen – Europas Rolle in der Welt, sein
Weiterwachsen, die Stabilisierung Südosteuropas, die EU als
militärischer Faktor – gibt es so gut wie keine Verständigung mehr.
Dann kommt auch noch hinzu, dass mit Ashton jemand ins neue Amt der
Außenbeauftragten gehievt wurde, zu dessen Stärken Eigeninitiative
offensichtlich nicht gehört. In der Summe blockiert das die EU. So
stark, dass ihre Diplomatie wahrscheinlich auch in Frauenhänden
glanzlos bliebe.
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