Der gemeinsame Frust vereint
Dass Sarkozy mit seinen Äußerungen über deutsche Roma-Lager
offenkundig Unsinn erzählt hat, ändert nichts daran, dass sich Berlin
und Paris in ihrem Frust über Brüssel weit näher sind, als es den
Anschein hat. Lange Zeit war Europaskepsis ein Phänomen an der Basis,
während die Regierungen nicht müde wurden, flammend für die
europäische Integration zu werben. Inzwischen hat sich das geändert:
Sie selbst sind immer häufiger bis aufs Blut genervt von dem
Brüsseler Geist, den sie gerufen haben.
Es bringt auch nichts, wenn die Kommission vorausgaloppiert, wenn
die Kommissare ihre eigene Weltanschauung über alles stellen und in
den Mitgliedsländern nichts als Frust erzeugen. Zwar ist ihre
Schrittmacherfunktion für den Einigungsprozess wichtig. Im eigenen
Interesse muss Brüssel aber aufhören, es mit seinen Ambitionen zu
übertreiben. Denn das ist nicht nur wegen des immer größeren Apparats
ein teurer Spaß. Es geht auch der Gedanke verloren, Dienstleister für
Europa zu sein und keine dürftig legitimierte, verselbstständigte
Oberregierung.
Ein ums andere Mal wird sich die Kommission andernfalls Abfuhren
einhandeln. Es liegt auf der Hand, dass sie die Integration auf diese
Weise nicht vorantreibt, sondern gefährdet. Immer häufiger sind
nationale Einwände auch sachlich begründet und fußen nicht mehr auf
diffuser Ablehnung. Die Kommission wäre gut beraten, diese Tendenz
ernst zu nehmen – ebenso wie das Parlament. Hoffnungen auf eine
EU-Steuer sollte Barroso somit schnell zu den Akten legen.
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