Solidargemeinschaft
Das ist ärgerlich für die Versicherungsbranche: Ihr wurde soeben
eines der Prinzipien ihres Geschäfts entzogen. Bisher galt: Wenn
Statistiken zeigen, dass Frauen seltener Autounfälle bauen, sollen
sie eben niedrigere Prämien zahlen. Und wenn Männer tendenziell
früher sterben, muss eine Risiko-Lebensversicherung für sie teurer
sein. Klingt doch logisch.
Treibt der Europäische Gerichtshof also die „Political
Correctness“ auf eine alberne Spitze? Mit der politischen Diskussion
zur Frauenquote ist die Einmischung in die Privatwirtschaft derzeit
sowieso schon auf hohem Niveau, vielleicht auch deshalb ist bei den
Versicherern die Aufregung nun so groß. Albern sind die Argumente
aber weder hier noch dort. Der Richterspruch aus Brüssel weist hin
zum Solidaritätsprinzip der gesetzlichen Versicherung, und das ist
kein schlechtes. Nach- und Vorteile, die rein biologisch begründet
sind, werden angeglichen. So ist es kaum zu begründen, dass Frauen
wegen des „Risikos“ Schwangerschaft höhere Beiträge zahlen, am
Nachwuchs sind Männer eindeutig beteiligt, und das Interesse daran
ist gesamtgesellschaftlich.
Den privaten Versicherungen bleiben, wenn der Faktor „Geschlecht“
wegfällt, ausreichend weitere Grundlagen für die Berechnung ihrer
Tarife. Alter, Vorerkrankungen, gewünschte Leistung: Solange nicht
auch hier Diskriminierungen festgestellt werden, wird ihr System
nicht zusammenbrechen.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: 0541/310 207