Neue OZ: Kommentar zu Gesellschaft / Jugend / Studie

Optimismus – für alle

Die Shell-Jugendstudie 2010 ist keine Überraschung, aber ein
Alarmruf. Was renommierte Professoren auf 410 Seiten über die
Befindlichkeit der 12- bis 25-Jährigen zusammengetragen haben, sehen
Deutschlands Lehrer jeden Tag im Unterricht. Finanzkrise, Jobangst,
Globalisierung sind dann kein Problem, wenn es in der Schule, in der
Familie und in Mamas oder Papas Geldbeutel stimmt. Wen wundert–s?

Auch dass 40 Prozent der Jugendlichen eher verzagt ins Morgen
schauen, weil es zu Hause nur zum Nötigsten reicht, kann sich jeder
selbst zusammenreimen. Den Shell-Wälzer also im Regal verschwinden
lassen? Die abgegriffene Floskel „Bildung ist der Schlüssel zum
Erfolg“ hören und sofort verdrängen? Bitte nicht. Dafür ist die
Botschaft, dass Herkunft über Erfolg in Schule und Beruf entscheidet,
zu beschämend.

Aber sie kommt genau zum richtigen Zeitpunkt: Deutschland macht
sich nach 40 Jahren Sorglosigkeit zulasten der nachfolgenden
Generationen endlich auf, seine Schulden zu begrenzen. Wenn die
Shell-Studie hilft, dass die Ausgaben für Bildung und Familie
verschont bleiben, hat sie ihren Sinn schon erfüllt. Eher ratlos
macht die erste Reaktion der Jugendministerin. Ihr Hinweis, dass der
Bund von 2011 bis 2014 zusätzlich rund 400 Millionen Euro in 4000
Brennpunkt-Kitas stecken will, wirft die Frage auf: Und was machen
die, die sich schon heute Optimismus nicht leisten können?

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